Witten. . Die insolventen Eisenwerke starten neu: Jedoch wird die Firma, die in Familienhand bleibt, in drei Gesellschaften geteilt. Von 200 Leuten bleiben 140
Die traditionsreichen Annener Eisenwerke Böhmer sind gerettet. Doch der Preis für den Neustart des Familienunternehmens, das immer tiefer in den Insolvenzstrudel geraten war, ist hoch: Von rund 200 Arbeitsplätzen sind etwa 140 übrig geblieben.
„Ein ursprüngliches Investorenkonzept sah sogar vor, dass nur 120 Mitarbeiter bleiben“, zeigte sich Lars Beez von der IG Metall „einigermaßen zufrieden“ mit den Ergebnissen – auch, weil eine Transfergesellschaft für 45 ausscheidende Mitarbeiter gegründet wurde. „Das ist bei einer Insolvenz durchaus nicht oft der Fall“, erklärt Patrick Ziegler, wirtschaftlicher Sachverständiger des Betriebsrats.
Die neuen Eigentümer der Firma zwischen Annen- und Westfalenstraße sind die alten: die Böhmers. Allerdings werde der Betrieb in drei Gesellschaften aufgegliedert, sagt Ziegler: in die von Dr. Wilhelm Böhmer Junior geleitete Gusstechnik, die von Bruder Erik geführte Zerspanungstechnik und die gemeinsam genutzte Verwaltungsfirma, die in die Böhmer Beteiligungs-KG überführt werde. Natürlich werde auf dem Gelände keine Mauer zwischen den Gesellschaften gezogen. Doch könne die Neugliederung helfen, Kompetenzen klarer abzugrenzen, so die Gewerkschafter.
Investitionen in alte Betriebsteile unbedingt nötig
„Außerdem gibt es die Ideen, neue Kunden aufzubauen, neue Kooperationen einzugehen oder Teilaufträge an externe Partner weiterzugeben. Wie tragfähig all das ist, muss sich zeigen“, sagt Lars Beez von der IG Metall. „Dass es in der Gussbranche heutzutage schwierig ist, ist allen Beteiligten klar“, unterstreicht Carsten Ikonomidis, Betriebsratsvorsitzender bei Böhmer.
Die neun Mitglieder des Betriebsrats blieben mindestens bis zur nächsten Amtsperiode 2018 in ihren Positionen, ist er sich trotz der Aufteilung in drei Gesellschaften sicher. Klar sei auch, dass unbedingt in die teils schwer überalterten Betriebsteile investiert werden müsse, wenn wirklich eine echte Chance für einen Neustart an der Annenstraße geschaffen werden solle.
„Die Belegschaft hat einen langen Leidensweg hinter sich. Wir hätten uns einen Wechsel der Firmeninhaber oder zumindest mehr Kaufnachfragen gewünscht“, sagt Beetz. Doch nach Informationen des Insolvenzverwalters habe es nur zwei ernst zu nehmende Interessenten gegeben, „und das waren Finanzinvestoren“, so der Gewerkschafter. Das dürftige Interesse habe auch an der „schwierigen Verflechtung“ bei Böhmer gelegen, erklärt Patrick Ziegler, der Sachverständige.
Gewerkschafter verärgert über schlechten Informationsfluss
Das Sachvermögen, etwa Maschinen und Grundstück, gehörten der Böhmer Beteiligungs-KG, deren Mieter die Eisenwerke gewesen seien. „Ein neuer Investor wäre dann ebenfalls als Mieter eingestiegen. Das ist natürlich schwierig, denn der will ja das Ganze haben“, meint der Wirtschaftsexperte.
Der Betriebsübergang sei Ende Januar erfolgt: „Dass der Vertrag unterschrieben wurde, haben wir über Dritte erfahren“, ärgern sich die Gewerkschafter schon lange über die Firmenpolitik. „Das war im Laufe des gesamten Prozesses so. Wir mussten immer nachfragen.“