Witten. . Evangelos Polichronidis – Lakmann One – hat mit rohem Sound und verständlichen Texten seinen eigenen Stil geprägt. Im neuen Album bleibt er sich treu.

Er hat Witten auf die Hip-Hop-Landkarte gesetzt und hält seit über 15 Jahren die Fahne hoch für guten Rap abseits des Mainstreams: Die Rede ist von Evangelos Polichronidis, in Szenekreisen besser bekannt als Lakmann One. Gerade hat der 37 Jahre alte Wittener sein neues Album „Aus dem Schoß der Psychose“ herausgegeben. Die Veröffentlichung hat er am Wochenende mit einem Konzert im komplett ausverkauften Bahnhof Langendreer in Bochum gefeiert.

Wenn Lakmann die Bühne betritt, ist das ein Schlaraffenland für Hip-Hop-Fans der ersten Stunde: Urväter der Szene wie der Bochumer Aphroe geben sich die Ehre, aktuelle Geheimtipps wie der Kölner Sylabill Spill sind zu Gast, und sogar Lakmanns früherer Band-Kollege Flipstar stürmt trotz Erkältung die Bühne, um alte Hits aus einer fast vergessenen Zeit zu spielen – für Fans ein magischer Augenblick.

Als „Creutzfeld & Jacob“ waren die beiden Anfang der 2000er nicht nur eine der erfolgreichsten deutschen Hip-Hop-Bands, sondern auch eine der wirkungsmächtigsten: Roher Sound nach dem Rezept „weniger ist mehr“, dazu leicht verständliche aber rhythmisch anspruchsvolle Texte – das hat Schule gemacht.

Natürliches Bühnentalent

Lakmann selber ist diesem Stil nicht nur entgegen aller Trends treu geblieben, sondern hat ihn sogar noch weiterentwickelt: Souverän und leichtfüßig rappt er komplexe Reimketten, ohne dabei jemals angestrengt zu klingen. Ganz im Gegenteil: „Laki“ steht auf der Bühne, als sei es das Natürlichste der Welt, inhaliert förmlich den Jubel des Publikums. Und selbst nach einer fast zweistündigen Show ist kein Zeichen der Erschöpfung zu erkennen. Stattdessen improvisiert er noch eine halbe Stunde und begeistert das Publikum mit Freestyles, also aus dem Stehgreif erdachten Texten.

In dieser Hinsicht ist das Konzert auch eine Zeitreise: Heutzutage wird Rap vom seichten Pop des Maskenträgers Cro und Gangsterrap aus Frankfurter Vorstädten dominiert. Mit seiner kompromisslosen Ehrlichkeit bietet der Wittener, den man durchaus schon als Rap-Legende bezeichnen darf, einen Gegenentwurf.

Keine Ahnung vom Gangsterslang

„Ich bin ‘ne Witzfigur für mein Management, ich hab kein’ Plan vom allerneuesten Gangsterslang“, rappt er. Und darauf ist er stolz.

„Wofür mach’ ich das?“ – das ist nicht nur der Titel einer seiner bekanntesten Songs, der beim Konzert frenetisch gefeiert wird. Die Frage zieht sich auch auf seinem neuen Album wie ein roter Faden durch die Songs. In den Texten lässt er die Antwort offen. Doch wenn man Lakmann One, Hip-Hops gutes Gewissen aus Witten, live sieht, spürt man, was ihn antreibt: bedingungslose Liebe zur Musik.

Lebensnahe Geschichten

Das Album „Aus dem Schoß der Psychose“ ist am 29. Januar erschienen. Es wurde in einem Bochumer Tonstudio aufgenommen. Das Album wird vom kleinen Independent-Label Eartouch vertrieben. Der Titel ist einen Anspielung auf die bekannte Songzeile „Aus dem Schoß der Kolchose“ von Max Herre.

Inhaltlich geht es unter anderem um die Selbstverortung des Musikers nach dem kommerziellen Erfolg. Hier überzeugt Lakmann durch schnörkellose, ehrliche Texte und authentische, lebensnahe Geschichten. Sein erstes von sechs Alben hieß: „Gottes Werk und Creutzfelds Beitrag“ (2000, mit Creutzfeld & Jakob).