Witten. . In der Ev. Gemeinde an der Sandstraße feiern oft Menschen aus anderen Ländern gemeinsam Gottesdienste.

Sie stammt aus Hongkong und macht gerade ihr Freiwilliges Soziales Jahr in Witten. Ausgesucht hat sich Bancake Michelle Pat (28) dafür die Evangelische Christuskirche an der Sandstraße. Seit April letzten Jahres lebt sie dort im Gemeindehaus und begleitete schon eine Jugendfreizeit nach Kroatien. Außerdem gibt sie Konfirmandenunterricht, leitet Kindergruppen, gründete einen Bibelkreis, sang im Gottesdienst chinesische Lieder. Wenn sie geht, kommt gleich eine Nachfolgerin – aus Indonesien. Und allein das zeigt, wo die Gemeinde Schwerpunkte setzt.

Hier entstehen „verrückte Ideen“

„Vielfalt“ nennt Pfarrer Christian Uhlstein (45) an erster Stelle. Internationale Arbeit gehöre vor allem dazu. „Das ist nur angemessen für ein Wohnquartier, in dem viele Kulturen aus aller Welt zusammen leben“, beschreibt er die Situation am Crengeldanz. Fast jeden Sonntag gebe es deshalb – zusätzlich zum klassischen – einen internationalen Gottesdienst.

Natürlich hat die Christuskirche unzählige Aktivitäten mehr zu bieten, zum Beispiel eine stabile Seniorenarbeit. „Unsere neue Gemeindeschwester hat ein Jahr gebraucht, um bei den vielen Angeboten durchzublicken“, sagt Uhlstein, der die Gemeinde seit zehn Jahren auf ihrem Weg begleitet. Und obwohl es inzwischen weniger Hauptamtliche gebe, blühe das Gemeindeleben umso mehr. Allein 40 von insgesamt etwa 160 ehrenamtlichen Mitarbeitern engagieren sich im Kinder- und Jugendbereich, der einen weiteren Schwerpunkt ausmacht – nicht zuletzt, weil der Kindergarten gleich nebenan seinen Platz hat.

Kindergarten liegt gleich nebenan

„Ohne die direkte kirchliche Begleitung könnten wir unser evangelisches Profil nicht so gut leben“, sagt Tanja Rudowski, die die Einrichtung seit 2010 leitet, und aus Marl kommt. Dort, erklärt sie, gehe es wesentlich traditioneller zu. Regelmäßig schauen in ihrem Kindergarten die Pfarrer vorbei, um aus dem Leben Jesu zu erzählen. Natürlich veranstalte sie mit ihrem Team Kinderbibeltage und -wochen, werden alle Feste gefeiert, obwohl unter den derzeit 81 Kindern eine ganze Menge aus muslimischen, griechisch-russischen oder griechisch-orthodoxen Familien stammen. Schließlich, so Tanja Rudowski, gelte: „Jesus war offen und neugierig für alle.“

Zwar müsse man sich in Zeiten zurückgehender Kirchensteuerzahler schon etwas einfallen lassen, um Kirche leben zu können,. Aber, so Christian Uhlstein, „wir versuchen nicht, Leute zu locken, sondern Lebensräume zu bieten, wo man sich beheimaten möchte“. Egal, ob wöchentlich oder einmal im Monat. Egal, ob jemand glaubt oder nicht. So entstünden auch mal „ganz verrückte Ideen“ – wie der Bingoabend, den erst Jugendliche für Senioren veranstalteten und dann umgekehrt. Uhlstein erinnert sich gern: „Das war ein Riesen-Spaß.“

Auch die junge Frau aus Hongkong hat längst festgestellt: „Gemeinde ist hier ganz anders als bei uns.“ Sie bringe christliche Werte in die Gesellschaft ein, während sich Christen in ihrer Heimat nur innerhalb der Institution mit Kirche beschäftigten. Das Freiwillige Soziale Jahr hat gar ihren ursprünglichen Berufswunsch verändert. Bancake Michelle Pat, die eigentlich Hotelmanagement studierte und bereits fünf Jahre in dem Job arbeitete, sagt heute: „Leben ist nicht nur Geld verdienen. Ich möchte mehr von Bedeutung erleben.“ So wie in der Christuskirche.

Teil der Trinitatisgemeinde

Am 1. Januar 2006 haben sich die Evangelische Kirchengemeinde Heven (Steinhügel) und die Evangelisch-Lutherische Christuskirchengemeinde (Sandstraße) zur neuen Evangelischen Trinitatis-Kirchengemeinde Witten mit insgesamt etwa 7500 Mitglieder zusammengeschlossen. Es gibt ein gemeinsames Pfarrbüro ( 25647). Seit dem 1. Januar 2008 betreibt ein Förderkreis außerdem das ev. Kultur- und Veranstaltungszentrum im Haus an der Oberkrone.

Pfarrer an der Sandstraße sind Christian Uhlstein und Johannes Ditthardt. Insgesamt engagieren sich rund 160 Ehrenamtler in der Gemeinde. „Ohne die geht gar nichts“, diesen oft zitierten Satz muss auch Uhlstein loswerden. Pro Woche treffen sich – von der Frauenhilfe bis zum Seniorentanzkreis – 17 feste Gruppen. „Wir dürfen uns nicht beschränken.“ Dazu kommen rund 160 Gottesdienste pro Jahr. Die Begegnung der vielen kleinen Gruppen innerhalb der Gemeinde ist möglich, zum Beispiel im monatlichen GoBrunch-Gottesdienst oder im Kirchcafé am Sonntag. Uhlstein: „Das ist immer voll bis obenhin.“

Ausgeweitet wurde vor zwei Jahren der diakonische Bereich mit der Ausbildung von Gemeindeschwestern, die Besuchsdienste und die Begleitung von Menschen in allen Lebenslagen übernehmen. Uhlstein: „Das ist bitter notwendig. Denn auch unsere Gemeindemitglieder werden immer älter.“