Witten. . Bildungsstätte hatte Unterkunft für Flüchtlinge mietfrei abgegeben. Studenten sollten sich im Sprachunterricht und in der Kinderbetreuung einsetzen.

Die drei Holzbaracken in Steinwurfweite des Instituts für Waldorfpädagogik auf dem Annener Berg sind fest verbunden und angeordnet wie ein (umgekehrtes) U: Der rechte Flügel ist in sich zusammengefallen wie ein Kartenhaus, das Mittelstück hat noch sein Bitumen-Flachdach, aber darunter ist alles verkohlt. Der linke Flügel steht noch, ist aber stark durch den Rauch geschädigt.

Kein Mensch verletzt

„Gott sei Dank, es sind noch keine Leute drin!“ Das ist der erste Gedanke, der Alexander Kubitza (54) durch den Kopf schießt. Die Feuerwehr hat den Geschäftsführer des Instituts herausgeklingelt. Als er um kurz vor fünf eintrifft, kämpfen die Einsatzkräfte noch bei Scheinwerferlicht mit den Flammen. „Es war ein bisschen irreal. Man sieht so etwas sonst in den Nachrichten. Und auf einmal sieht man das – und es ist das eigene Gebäude!“

Die Holzpavillons sind – waren, muss man jetzt schreiben – etwa 15 Jahre alt. Das Waldorfinstitut auf dem Annener Berg hatte sie damals übernommen. Sie hätten früher wohl am Düsseldorfer Flughafen gestanden, sagt Kubitza. Ganz sicher ist er sich da nicht. Das Institut nutzte sie bis zum vergangenen Sommer für den Unterricht. Es gab drinnen zwei große Räume für die Eurhythmie-Ausbildung, noch einen Gruppenraum und sechs Büros. Für alles das ist längt ein Ersatzgebäude – das „Teichhaus“ – in Betrieb. Die Betriebsgenehmigung für die Baracken in Holzständerbauweise war ausgelaufen. Eigentlich sollten sie abgerissen werden.

Dozenten wollten der Stadt helfen

Weil die Stadt aber händeringend Unterkünfte für Flüchtlinge sucht, bot ihr das Institut die Gebäude an: „Das war eine Initiative der Dozenten“, sagt Kubitza. Eine Miete wollte man als gemeinnütziger Träger nicht, nur für die Nebenkosten – Strom, Gas, Wasser – sollte die Stadt aufkommen. Die Fachämter hatten die Unterkunft auf ihre Tauglichkeit geprüft. Die Stadt brachte die Sanitäranlagen und Küche auf Vordermann, hatte die Überstockbetten bereits aufgestellt. Ende dieser oder Anfang nächster Woche sollten die Familien dort einziehen.

„Zu unserem Plan gehörte auch, dass die Studierenden bei der Integration mithelfen“, sagt der Geschäftsführer des Instituts für Waldorfpädagogik. Sie sollten Sprachkurse anbieten oder zeitweise die Kinder betreuen. „Unsere Studierenden waren hochinteressiert!“

230 Studierende

230 junge Frauen und Männer besuchen das Institut. Die meisten durchlaufen die fünfjährige Lehrerausbildung im Dualen Studium, die anderen machen dort eine Zusatzausbildung (Postgraduierte). Die Studierenden kommen aus ganz Deutschland, aber auch aus etwa 15 weiteren Ländern – aus Frankreich, Belgien, Korea oder Lateinamerika. Bis auf wenige Verbliebene sind die Studierenden aber gerade ausgeflogen. Kubitza: „Die machen gerade ihr Unterrichtspraktikum.“

Auch die nahe Blote Vogel Schule wollte sich für die Flüchtlinge einsetzen. „Wir haben schon überlegt, wie wir die Flüchtlingskinder beschulen und integrieren können“, sagt Musiklehrer Fabian Sulzer (48). Er besuchte die abgebrannten Baracken nach dem Unterricht mit einer Schülergruppe. „Für unsere ganze Schule ist das ein Schock. Wir sind mit dem Institut eng verbunden, die schicken auch ihre Praktikanten zu uns.“

Benefizkonzerte an Blote Vogel Schule

Die Schülervertretung (SV) hatte längst ebenfalls überlegt, wie man die Flüchtlinge unterstützen kann. Gut 1000 Euro hatten schon zwei Benefizkonzerten eingespielt. Eine Kunstversteigerung brachte weitere 200 Euro ein, berichtet Schülersprecher Jonas Redecker (17). Die SV werde jetzt überlegen, was man tun könne, „wenn hier vielleicht wieder was aufgebaut wird“.

Eine Anwohnerin (60) ist sich „zu 100 Prozent sicher, dass das Brandstiftung war“. Dabei sei „die Lage hier oben doch eigentlich so ruhig“. Was sie stutzig werden lässt: „Es wusste doch kaum einer, was hier geplant ist.“