Witten. . Drei Olympiateilnahmen, 18 Deutsche Meistertitel: Klaus Rost ist Wittens erfolgreichster Sportler. Seine späteren Hobbys: Tischtennis und Tauben.
Ehrensache, dass er am kommenden Samstag (12. 12.) beim letzten Saisonkampf der Zweitliga-Ringer des KSV Witten 07 wieder neben seiner Frau Jutta auf seinem Stammplatz sitzen wird: Klaus Rost, wohl der erfolgreichste Sportler, den die Ruhrstadt je hervorgebracht hat, zieht es immer wieder gerne zu dem Verein, der einen Großteil seines Lebens geprägt hat. Eines mit zahlreichen Erfolgen gespickten Lebens, das ihn fast über den gesamten Erdball geführt hat.
„Ja, wir sind damals schon ganz schön ‘rumgekommen. Ich habe viel gesehen von der Welt“, sagt der heute 75-Jährige und blickt stolz auf den Trophäenschrank daheim in seiner Wohnung auf dem Sonnenschein. Vermutlich könnte Klaus Rost mit all den Pokalen, Medaillen und Urkunden, die sich in seiner aktiven Karriere angesammelt haben, ein ganzes Zimmer füllen.
Die für ihn bedeutsamsten Dokumente seines Schaffens auf der Matte hat er in einer Vitrine fein säuberlich aufgereiht. „Das ist das bedeutendste Stück aus meiner Sammlung“, sagt Rost und greift sich die Handteller große Silbermedaille, die er 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio gewonnen hatte. Ob er sich an den Finalkampf in Japan noch erinnert? Auch jetzt, über 50 Jahre danach? „Natürlich, die Bilder habe ich immer noch vor Augen“, sagt der Pensionär und lächelt.
In einem der prall gefüllten Alben, wo er zahllose Ausschnitte aus Zeitungen und Broschüren minutiös aufgeklebt hat und die er immer gerne mal wieder zur Hand nimmt, wenn jemand zu Besuch kommt, der ihn nach den großen Ringkämpfen von damals fragt, deutet er auf das Foto, welches den entscheidenden Leichtgewichtskampf gegen den Bulgaren Enju Valtschew Dimow zeigt. „Der war einfach bärenstark, auch wenn ich ganz gut mitgerungen habe“, sagt Klaus Rost. „Vorab hätte ich ja nie gedacht, dass ich da die Chance auf eine Medaille habe. Ich war ja schon froh, überhaupt dabei sein zu können.“ Auf dem Flug nach Japan habe ihn sein Nationalmannschafts-Kollege Heinz Kiehl gefragt, ob er sich gut in Form fühle. Rosts launige Antwort: „Ach, für den Einmarsch wird’s reichen.“
Rost erlebte Terror-Attentat bei Olympia in München 1972
Insgesamt hat der Wittener an drei Olympischen Spielen teilgenommen: 1964 in Tokio, 1968 in Mexiko-Stadt und 1972 in München. An das auch heute noch verstörend beängstigende Attentat am 5. September, als Mitglieder einer palästinensischen Terrororganisation das Wohnquartier der israelischen Mannschaft stürmten, kann sich Rost auch noch gut erinnern. „Den Tag werde ich auch nie vergessen. Das war genau gegenüber von unserer Wohnung. Wir sind in Deckung gegangen, damit man auf uns nicht auch noch schießt.“
Für Rost endete mit den Spielen von München, wo er einen Kampf gewann und dann gegen einen US-Amerikaner unterlag, die internationale Karriere. Dritter war er 1963 bei der WM in Helsingborg (Schweden) geworden, später jeweils undankbarer Vierter bei der WM in Argentinien 1969 und im jahr zuvor bei Olympia in Mexiko-Stadt. Dort hatte der 70-kg-Ringer, der in beiden Stilarten gleichermaßen stark war, sowohl im freien als auch im griechisch-römischen Stil quasi als „ringender Zehnkämpfer“ auf der Matte gestanden. „Elf Kämpfe an zwei Tagen - sowas wäre ja heute gar nicht mehr vorstellbar“, sagt Klaus Rost.
Als Elfjähriger war er seinerzeit zum Ringen gekommen, hatte sich einfach einem guten Freund angeschlossen und schaute beim KSV Witten 07 vorbei. Heute, mehr als sechs Jahrzehnte und insgesamt 16 deutsche Einzelmeisterschaften sowie zwei Mannschafts-Titel später ist Rost Ehrenmitglied des Traditionsvereins. Und steht dem aktiven Geschehen durchaus kritisch gegenüber: „Das heutige Ringen gefällt mir gar nicht mehr. Da wird nur noch ‘rumgeschoben, aus der Matte ‘rausgedrückt. Das hat es bei uns nicht gegeben“, erklärt er die vor allem technischen Unterschiede zum Ringkampfsport in den Sechzigern und Siebzigern. Dass der KSV jetzt als Zweitliga-Meister auf dem besten Weg zurück in die nationale Erstklassigkeit ist, freut den mittlerweile als Hobby-Tischtennisspieler aktiven, sportlichen Senior. „Aber da wird man den Kader deutlich verändern müssen. Da werden sicherlich sechs, sieben gute neue Leute gebraucht“, sagt der Fachmann, der einst wegen seines Armdrehgriffs auf der Matte so gefürchtet war.
Taubenschlag in seinem ehemaligen Haus musste er abreißen
Ein geliebtes Hobby hat Klaus Rost vor zwei Jahren aufgegeben. „Ich habe 40 Jahre lang Tauben gezüchtet - und ich war damit auch ziemlich erfolgreich.“ Den Taubenschlag in seinem ehemaligen Haus hat er aber abreißen müssen - schweren Herzens. „Ich fahre zwar heute auch noch einmal im Jahr zur großen Zuchtschau nach Dortmund in die Westfalenhalle - aber ohne eigene Tauben hab’ ich manchmal schon einen toten Punkt“, sagt Klaus Rost wehmütig und legt die mit so vielen schönen Erinnerungen behaftete Silbermedaille aus Tokio wieder zurück an ihren Platz in die Vitrine. Bis mal wieder jemand vorbeischaut und sich die wunderbaren Anekdoten von damals erzählen lässt.
Infobox: Von 1952 bis 1960 gehörte Klaus Rost seinem Stammverein KSV Witten 07 an, wechselte dann zum Stadtrivalen SU Annen (bis 1964). Seinerzeit gab’s rund um diesen Wechsel einige Reibereien - Rost wurde vererinsintern vom KSV gesperrt, verpasste aufgrund der folgenden Verbandsstrafe dadurch zwei DM-Teilnahmen. 1965 folgte ein Jahr beim badischen Club in Wiesenthal, ehe Rost wieder zum KSV Witten zurückkehrte, mit dem er 1970 und 1974 Mannschaftsmeister wurde.