Witten. . Trotz seines Rücktritts als Stadtverbandschef kündigt er Kandidatur in der SPD an. Er muss mit Gegenkandidaten rechnen und einer Mitgliederbefragung.

Der vor einem Jahr als Wittener SPD-Parteichef zurückgetretene Landtagsabgeordnete Thomas Stotko will im Frühjahr 2017 zum vierten Mal für Witten und Herdecke in den NRW-Landtag einziehen. Anders als bei seiner Wiederwahl 2010 und 2012 muss sich der Annener aber zuvor beim parteiinternen Rennen Gegenkandidaten stellen und möglicherweise auch einer Mitgliederbefragung.

Stotko (49) war als Stadtverbandsvorsitzender einer der schärfsten Widersacher von Bürgermeisterin Sonja Leidemann, griff diese offen an wegen angeblich ausstehender Abgaben an die Partei. Als vor einem Jahr bekannt wurde, dass Stotko selbst bei Mitgliedsbeiträgen säumig geworden war, warf er umgehend das Handtuch als Parteichef. Es war nicht der erste Schatten auf Stotkos Karriere. 2008 wurde der Rechtsanwalt wegen Fahrens ohne Führerschein zu 55 Tagssätzen verurteilt.

„Auszeit“ genommen

Nach der Beitragsaffäre trat Stotko auf lokalpolitischer Ebene nur selten in Erscheinung. Er selbst bestreitet, „auf Tauchstation gegangen“ zu sein. Er habe sich im Frühjahr nach dem Tod seiner Mutter, die lange im Koma gelegen hatte, „eine Auszeit genommen“ und nur ausgewählte Veranstaltungen besucht, sagte Stotko der WAZ.

Kampfansage

Dass der Landtagsabgeordnete Stotko in der Wittener SPD einen schweren Stand hat, zeigt sich schon daran, dass er bereits zwei Gegenkandidaten bei der internen Nominierung hat. Bei einem unangefochten Mandatsträger würde sich das doch keiner herausnehmen. Aus Stotkos Führerscheingeschichte konnte die CDU einst kein Kapital schlagen, weil sie sich selbst mit einem Ratsherrn plagte, der wegen Körperverletzung vor Gericht stand. Die nicht abgeführten Parteibeiträge werden ihm aber in der SPD nicht so rasch verziehen, weil er mit seiner Attacke gegen Leidemann selbst maßgeblich den Parteifrieden mit auf dem Gewissen hat. Ob da ein Jahr im Büßergewand schon reicht?

Trotzdem sollte keiner glauben, dass Stotko schon weg vom Fen­ster ist. Der Vollblutpolitiker gilt in seiner Partei als begnadeter Redner. Einmal losgelassen auf Versammlungen, weiß er die Seele der Partei zu treffen. Befragt nach den Aussichten von Stotkos Gegenkandidaten sagte ein Parteikenner: „Die redet er alle unter den Tisch.“ Freiwillig wird Stotko das Feld nicht räumen.

Das parteiinterne Kandidatenrennen für die Landtagswahl 2017 ist gerade eröffnet. Den Kandidaten offiziell nominieren wird zwar erst eine gemeinsame Delegiertenversammlung von Wittener und Herdecker Genossen am 6. April 2016. Doch der Stadtverband hat die Ortsvereine gebeten, Bewerber bis zum 18. Dezember zu benennen. Grund für die Eile: Sollte der Ruf nach einer Mitgliederbefragung laut werden, will der Stadtverband darauf vorbereitet sein. Eine entsprechende Änderung der Satzung ist auf dem Weg, müsste aber noch verabschiedet werden. Außerdem müssten die Kandidaten die Gelegenheit haben, sie den Parteimitgliedern im Februar oder März auf Wahlforen vorzustellen.

Fünf Namen machen die Runde

Nach einer Kampfkandidatur um das Mandat für Düsseldorf sieht es jetzt aus. Schon zwei Ortsvereine haben dem Stadtverband Kadidaten angekündigt: der OV Vormholz den Vermessungsingenieur Tilo Gebert (42), der OV Innenstadt Bautechnikerin Claudia Krebs (44), die das Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten Ralf Kapschack führt, beide sitzen im EN-Kreistag. Als weitere mögliche Kandidaten werden in der SPD Rechtsanwalt Rüdiger Fromme (52) aus Heven oder Sozialpädagogin Susanne Fuchs (46) aus Annen gehandelt, beide Mitglied im Rat.

Auch wenn er noch nicht offiziell nominiert sei, sei es für ihn selbstverständlich, dass er wieder antrete, sagte Stotko dieser Zeitung: „Ja, klaro!“. Er finde es gut, „wenn mehrere kandidieren“, stelle sich gerne einer Mitgliederbefragung. Er rechne sich durchaus Chancen aus. Wer das Rennen machen wolle, so Stotko, „muss die Partei überzeugen, dass er der richtige Kandidat ist.“

Wahlkreis 106 – Witten und Herdecke

Thomas Stotko kandidierte 2005 zum ersten Mal für den NRW-Landtag. Parteinterner Gegenkandidat war zuvor Ralf Kapschack. Stotko holte in Witten/Herdecke 27 906 Stimmen (45,6 %) unter zehn Kandidaten (2.: Dr. Dyker, CDU, 33,1 %).

2010 holte Stotko 25 265 Stimmen (43,8 %) bei fünf Kandidaten (Oberste-Padtberg, CDU, 28,7 %), 2012 26 448 Stimmen (46,2 %) bei sechs Kandidaten (Nowack, CDU, 21,1 %). Verena Schäffer (Grüne) kam beide Male per Landesliste in den Landtag.