Witten.. Angeklagter (26) gibt Zündelei zu. Er habe die Kita aber nicht zerstören wollen. Nach seiner Schilderung floh er in Panik, als der Feueralarm losging.
Die Einbrüche in zwei Pizzerien im Umfeld der Annenstraße hat der Angeklagte (26) schon gestanden. Dabei hatte er einmal eine Klopapierrolle und einmal einen Karton angezündet, um sein „Markenzeichen“ zu hinterlassen. Gestern räumte der junge Mann vor der 5. Strafkammer des Bochumer Landgerichts auch den Einbruch in der Kita an der Erlenschule am 27. November 2014 ein. Auch dort zündelte er, angeblich um auch da seine „Handschrift“ zu hinterlassen.
Die beiden Kleinstfeuer waren von allein ausgegangen. Die Kita Erlenschule brannte in den ersten Stunden des neuen Tages hingegen völlig aus. Das Gebäude musste kernsaniert werden und ist erst seit den Herbstferien wieder benutzbar. Die Gesamtkosten beziffert die Stadt mit einer halben Million Euro. „Das habe ich aber nicht gewollt, die ganze Bude in Brand zu stecken“, beteuerte der Wittener vor Gericht. „Ich wollte nur kokeln, kein Gebäude abfackeln.“
Nach seiner Schilderung hatte er zuerst bei einem Bekannten „ein paar Nasen gezogen“ – Amphetaminpulver –, dann noch in einem Annener Casino an Spielautomaten etwa 40 Euro verdaddelt. Benebelt von den Drogen und aus Frust über das verzockte Geld sei er dann in die Kindertagesstätte eingestiegen, die auf seinem Heimweg lag. Das tat er angeblich ohne vorgefassten Plan, ein kleines Brecheisen hatte er aber dabei. Er stieg durch ein Seitenfenster ein, durchsuchte die Räume, stellte einen kleinen Fernseher und einen Drucker bereit – ein schwereres Modell. Zum Abtransport nahm er dann eine Sackkarre mit, die er in einem Nebenraum entdeckte.
Papier zusammengeknüllt
Vor dem Gehen „wollte ich dann noch schnell mein Markenzeichen hinterlassen“, sagte der Angeklagte. Er habe im Eingangsraum Papier zusammengeknüllt und damit einen Haufen gemacht. Dieses Mal setzte er dabei aber auch festen Grillanzünder ein.
Der Angeklagte bestritt, noch weiteres, auch schwerer entflammbares Material herangeschafft und aufgetürmt zu haben. „Für Papier braucht man aber doch keinen Grillanzünder?“, bohrte der Staatsanwalt nach. Auf die Idee, diesen zu verwenden, sei er erst gekommen, erwiderte der 26-Jährige, als er zuvor in einem Schrank des Kita-Büros „die weißen Würfel“ entdeckt habe. Eine Flasche Flüssiganzünder, die die Polizei ebenfalls in der Kita fand, habe er außerdem nicht angerührt. „Die ist nicht von mir.“
Mit Beute auf der Sackkarre über den Rheinischen Esel geflüchtet
Dann muss nach seiner Darstellung auf einmal alles sehr schnell gegangen sein: „Der Feueralarm ging an, und ich habe Panik gekriegt, denn ich wusste noch nicht einmal, wo ich rauskommen sollte!“ Mit seiner Beute konnte er die Kita nicht durch das Fenster verlassen. Er hebelte eine Tür zum Freigelände hinter der Kita auf, kletterte die Böschung hoch und suchte mit der Sackkarre im Schlepptau über den Rheinischen Esel das Weite.
Während der Einbrecher seine Haut rettete, blieb dem Feuer viel Zeit, sich in der Kita auszubreiten. Der Alarm blieb in der Nachbarschaft offenbar völlig ungehört. Das Feuer fiel erst einer Streifenwagenbesatzung auf, die um halb drei in der Nähe vorbeifuhr. Da stand schon Feuerschein über der Kita.
Angeklagter zeigt Skrupel
Die Nachricht von der ausgebrannten Kita „ist mir ziemlich nahegegangen“, versicherte der 26-Jährige vor dem Landgericht. „Und es war ja schon bald Weihnachten.“ Wenn in seiner Familie das Gespräch auf den Kita-Brand kam, habe er sich jedes Mal verdrückt.
Skrupel zeigte der Wittener, der vorläufig in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht ist, nicht nur in dieser Sache. Als ihm gestern der 45-Jährige gegenüber saß, in dessen Pizzeria an der Rüdinghauser Straße er eingebrochen war, hatte er es sichtbar eilig, sich bei diesem förmlich zu entschuldigen.
Er wusste schon warum. „Wir kannten uns doch lange, du warst doch Kunde bei uns“, stellte der Pizzabäcker nur fest. Über die Einbrüche damals – drei insgesamt – war er sehr verärgert. Nur einer, der mit der Zündelei, wird aber dem 26-Jährigen jetzt angelastet.
Polizei erstellte Täterprofil
Er wurde beim Versuch, in die Rossmann-Drogerie in Annen einzubrechen, im Januar auf frischer Tat ertappt. Nach den Aussagen von Polizeibeamten glich die Fahndung nach dem möglichen Serientäter aus der Gegend erst „der Suche nach der Nadel im Heuhaufen“. Langsam habe sich das Netz dann aber zusammengezogen. Vom Pizzeria-Einbruch in der Schleiermacherstraße gab es eine DNA-Spur. Sie wurde von einem Streichholz genommen. Sie passte zur DNA-Spur, die 2006 nach Vandalismus von Jugendlichen am aufgegebenen Gebäude der Reichweinschule sichergestellt wurde. Dort hatte jemand Blut an einem Papiertuch abgewischt. Der DNA-Träger war aber noch nicht bekannt. Ermittler zogen Verbindungen zwischen beiden Taten, rechneten das Alter hoch, erstellten ein Täterprofil, hatten den 26-Jährigen dabei schon im Visier.
Die DNA-Probe, die er nach seiner Ergreifung gab, erwies sich dann als Volltreffer: Sie passte zum Vandalismus von 2006 und zum Pizzeria-Einbruch von 2014.