Witten. . Seit 1968 lebt Christel Lechner auf einem alten Hof in Durchholz, den heute viele als Lechnerhof kennen. Ein Besuch im grünen Künstler-Paradies.

Christel und Peter Lechner waren jung, sie wollten aufs Land und fanden 1968 einen alten Hof, der ihren Vorstellungen von Wohnen und Arbeiten an einem Ort entsprach. Der Lechnerhof in der Stoltenbergstraße, grün und idyllisch in Durchholz gelegen, ist heute eine bekannte Adresse. Denn Eigentümerin Christel Lechner, die sich mit ihren „Alltagsmenschen“, lebensgroßen Betonfiguren, europaweit einen Namen machte, hat hier auch ihr Atelier.

„Als mein Mann den Hof kaufte, war ich 20, er 28 Jahre alt“, erzählt sie. Ein Jahr lebte das Künstlerpaar damals im Zelt im neu erworbenen Garten, um vor Ort den Umbau des alten Hofes zu verfolgen. „Wir haben ihn von einer Erbengemeinschaft gekauft, die ihn zu Geld machen wollte. Der letzte Mieter war ein Bergmann mit Frau und Tochter, die drei Kühe hielten.“

Ein Mehrgenerationenhaus von Anfang an

Dort, wo Christel Lechner heute ihre Wohnung hat, lagerten Stroh und Heu. „Im Erdgeschoss standen die Tiere, dort wohnte auch die Familie. Hinter dem Haus war eine Jauchegrube.“ Peter Lechner hatte vor dem Kauf des rund 250 Jahre alten Anwesens, das einst eine Schmiede beherbergte, seine von den Eltern übernommene Keramikwerkstatt am Mühlengraben. Das neue Heim, der neue Arbeitsort, sollten auch das Zuhause seiner Mutter und seiner Schwiegereltern werden.

Lechner-Figuren ab Frühjahr am Niederrhein

Christel Lechner, Bildhauerin, Keramikerin, Töpfermeisterin und Installationskünstlerin, denkt beruflich noch lange nicht ans Aufhören.

Zur 1000-Jahr-Feier der Grundsteinlegung des Straßburger Münsters hat sie 50 ihrer Figuren in die Altstadt der Elsass-Metropole gebracht. Vor der berühmten Kirche war ihre „Reise nach Jerusalem“ zu sehen, bei der 14 Figuren um einen freien Stuhl rangeln. Christel Lechner: „Wenn man sich im Leben nicht schnell genug bewegt, ist der Stuhl halt besetzt.“ Am Ufer des Flusses Ill hatte sie neben der Anlegestelle der Ausflugsboote ihre Betondamen beim Kaffeekränzchen platziert. „Die Figuren waren drei Monate in Straßburg, wir haben sie gerade abgebaut.“

Ab Ende März bis zum 1. November verschönerten 63 Lechner-Skulpturen den sächsischen Barockpark Lichtenwalde bei Chemnitz. Darunter, schmunzeln erlaubt, eine Gruppe älterer rundlicher Frauen, die sich mit einem Surfbrett selbstbewusst auf den Weg zu einem vergnüglichen Bad machen.

Anfassen und fotografieren erlaubt

Im nächsten Frühjahr werden die „Alltagsmenschen“ aus Witten nicht nur in der niedersächsischen Stadt Achim bei Bremen zu sehen sein, sondern auch im niederrheinischen Rees. Nach Lechner-Art nicht in einer Galerie, sondern über die Orte verteilt, wo man den Figuren zufällig begegnet, über sie lächeln, lachen, sie anfassen und sich auch mit ihnen fotografieren lassen kann.

Ein Mehrgenerationenhaus von Anfang an. „Heute leben meine Töchter Anna und Laura mit ihren Männern und den vier Kindern mit im Haus“, so Christel Lechner. „Jede Familie hat einen abgeschlossenen Bereich für sich. Das ist wichtig.“ Von ihrem Mann lebt sie seit Jahren getrennt. „Er hat sein Atelier in Essen und ein Hausboot in Amsterdam.“

Tochter Laura ist Malerin

Der Lechnerhof steht nicht unter Denkmalschutz. Ein glücklicher Umstand, wie die 68-Jährige betont. „Deswegen konnten wir in unserer Wohnung so große Fenster einbauen.“ Ihr Mann habe das Haus zunächst sehr kühl eingerichtet, „mit viel Leder, Edelstahl“. Sie liebt warme Farben, Braun, Beige, dezentes Licht, Holzböden, Bilder ihrer Tochter Laura, die Malerin ist und viele Reisen nach Asien unternahm, Biedermeiermöbel („viele Erbstücke“), große Tische, an denen Menschen essen, reden, lachen können. Das Holz des Dachstuhls, auf den man blickt, ist gekälkt. Das Wohnzimmer, das eine kleine Holztreppe mit der Küche verbindet, wird mit einem großen Kamin beheizt. „Der war früher noch viel größer. Holz macht eine angenehme Wärme. Das ist hier kein Energiesparhaus.“

„Meine Möbel stelle ich immer wieder anders hin“

© Funke Foto Services

Als Künstlerin wie als Mensch ist Christel Lechner Veränderung, Bewegung wichtig. „Meine Möbel habe ich schon lange, aber ich stelle sie immer wieder anders hin.“ Vor ihrer Haustür gibt es einen Schuppen – auch mit einem großen Tisch und Stühlen. „Die Seitenwände nehmen wir im Sommer weg. Dann haben wir, wenn wir da sitzen, einen tollen Ausblick auf die Wiesen und den Wald.“

Die Natur rings um ihr Haus ist Christel Lechner wichtig. „Ich würde nie Dinge in den Garten pflanzen, die hier nicht hingehören. Ich habe Rhododendron und Hortensien, die beide herrlich blühen“, sagt sie. Auf einer Weide in Sichtweite steht einer ihrer Betonmänner mit einem Bernhardiner an seiner Seite. Drei (lebende) Ponys gibt es auch. Die gehören den Enkelkindern. Der Lechnerhof: ein Künstler-Paradies für die ganze Familie mitten im Grünen.