Witten. . In Berlin gibt es sie überall: Cafés, wo Freiberufler an Laptops arbeiten. In Witten ist der „Raum“ noch einzigartig. Jetzt feiert er Geburtstag.
Ein Café mit Arbeitsplätzen, ein Treffpunkt für Anwohner, ein Konferenzraum für Initiativen und eine Wohlfühlatmosphäre für die Gäste: das alles möchte der „Raum“ im Wiesenviertel bieten. Großes Vorbild: Die Hipster-Trendtreffpunkte in Berlin. Doch in die Hauptstadt auswandern kam für die drei jungen Gründer nicht in Frage. Was an der Spree funktioniert, das klappt doch auch an der Ruhr, oder? Der „Raum“ tritt täglich den Beweis an. In diesem Monat feiert das Kreativ-Café seinen ersten Geburtstag.
Studenten von der Privatuni, die über ihren Hausarbeiten und Büchern brüten, Webdesigner mit teuren Notebooks, junge Eltern mit Kinderwagen, die zum Cappuccino aus äthiopischen Bohnen („besonders süß und blumig im Geschmack“) vorbeischauen: Für sie alle ist der „Raum“ von morgens acht Uhr an eine Anlaufstelle. Dass ihr Café so gut nachgefragt wird und bereits ein Jahr Bestand hat, darauf sind die drei Gründer Jan Hagelstein, Alexander Brede und Frederik Bury mehr als stolz. „Ohne finanzielle Förderung, ohne große Kredite“ hatten sie ihr Projekt im letzten Jahr gestartet. Während es junge Gründer aus dem Freundeskreis nach Berlin zog, blieben sie im Wiesenviertel und eröffneten ihr Café. „In Berlin ist der Markt eigentlich längst gesättigt“, meint Jan Hagelstein.
Dank enger Nachbarschaft zur Kulturinitiative Stellwerk und den seit Uni-Zeiten gepflegten Kontakten zur Wittener Studentenszene hätten sich schnell treue Gäste gefunden. Die ersten Freiberufler und Selbstständigen mieteten feste Schreibtische im hinteren Café-Bereich an. Erste Tagungen zu Themen wie Geld oder – naheliegend – Kreativwirtschaft lockten neue Besucher. Abends sind die Räume oft vermietet: an Lehrerkonferenzen, die Flüchtlingsinitiative, den Integrationsrat oder Nachbarschaftsgruppen. „Neu ist die Wiesenviertel-Sprechstunde bei uns“, so Jan Hagelstein. Die Anwohner der Umgebung können dort eigene Ideen zur Verschönerung der Nachbarschaft besprechen. „Da werden Pflanzkübel aufgestellt oder Führungen durch das Viertel veranstaltet.“
Auch mit eigenen sozialen und kulturellen Projekten hat sich der „Raum“ einen Namen gemacht: Schulklassen mit Flüchtlingskindern wurden auf Sport- und Spieltage eingeladen. Bei „Cut & Cappuccino“ im September durften sich Flüchtlinge im „Raum“ kostenlos die Haare schneiden lassen.
Nach dem ersten Geburtstag will das Café weiter wachsen: Das Programm soll ausgebaut werden, ein neues Büro im Hinterhof entstehen. Für Witten, so Hagelstein, gelte noch mehr als für Berlin: „Wir brauchen Orte, die Impulse für die Zukunft geben.“
Nächte Termine: Lesung und Geburtstagssause
Kurzentschlossene können am Dienstag, 27.10., ab 10 Uhr zum Frühstück in den Raum kommen. Die Autoren Daniel Häni und Philip Kovce stellen dort ihr Buch „Was fehlt, wenn alles da ist?“ vor. Anlässlich der anstehenden Abstimmung über das bedingungslose Grundeinkommen in der Schweiz sind sie derzeit auf Lesereise. Eintritt: frei.
Die Geburtstagsfeier des „Raums“ findet in den Abendstunden am Freitag, 13. November, statt. Zu Gast ist der Musiker Chris Imler, der als Schlagzeuger u.a. für Peaches, Jens Friebe und „Die Türen“ gearbeitet hat. Jetzt kommt er als Solokünstler. In den späteren Stunden tritt das DJ-Duo „Change“ auf. Der Eintritt ist frei.