Witten. . Bei der Frühförderstelle der Lebenshilfe erhalten Eltern Unterstützung, wenn der Nachwuchs sich nicht wie erwartet entwickelt.

Die Geschenke zum 20-jährigen Bestehen der Frühförderstelle haben Leiterin Sabine Hebenstreit und ihr Team noch gar nicht alle ausgepackt. Das wollen sie nächsten Montag gemeinsam tun, in gemütlicher Runde bei Kaffee und Kuchen – statt Dienstbesprechung. Nur das große Bild, das sie sich gewünscht haben, um den Flur im Gebäude am Wannen zu verschönern, passte einfach in kein Einwickelpapier: Vor blauem Himmel sitzen sechs kugelige Piepmätze auf einer Leine und gucken in dieselbe Richtung – bis auf einen.

„Außerdem sehen alle unterschiedlich aus“, sagt Heilpädagogin Meike Göbel (37), die seit 2007 in der Frühförderstelle arbeitet. Das Bild ist ein Geschenk der beiden Lebenshilfe-Kitas, gemalt haben es Menschen aus der Werkstatt. Und es leuchtet nicht nur in fröhlichen Farben, sondern verdeutlicht auf spielerische Art und Weise, worum es bei der Frühförderung vor allem geht: Kindern, die sich anders entwickeln als Gleichaltrige, zu helfen.

Vom Säugling bis zum Vorschulkind

Vor 20 Jahren startete die Stelle als mobile Einrichtung. Eltern brachten sie auf den Weg, weil Angebote für Kinder mit Beeinträchtigungen damals eher selten waren. Seit 2000 hat die Frühförderung ihren Platz in Heven, seit zwei Jahren gibt es eine Zweigstelle an der Annenstraße. Inzwischen nennt sie sich „Interdisziplinäres Zentrum“, denn das Angebot umfasst nicht mehr nur Heilpädagogik, sondern Ergo-, Logo- und Physiotherapie.

Feierstunde mit Kooperationspartnern und Gastrednern

Im festlichen Rahmen feierte die Lebenshilfe das 20-jährige Bestehen der Einrichtung für Interdisziplinäre Frühförderung. Verdiente Mitarbeiterinnen der ersten Stunde wurden gewürdigt. Ein besonderer Dank ging an die Kooperationspartner. Dazu gehören: Marien-Hospital, Nordoff/Robbins Zentrum, Logopädiepraxis Holger Többen und Physiotherapiepraxis Finkensiep.

Gastredner Prof. Dr. Helge Tiemann (Dipl.-Psychologe) hielt einen Vortrag zum Thema „Resilienzforschung und -förderung bei Kindern im Vorschulalter“. Martina Ackers-Peilert (Supervisorin und Entspannungspädagogin) sprach über „Selbstfürsorge-Praxis in sozialen Arbeitsfeldern“.

Information, Beratung, Anmeldung: 202 98 00.

Weit über 150 Familien mit Kindern vom Säuglingsalter bis zum Schuleintritt betreuen die 14 Mitarbeiterinnen derzeit. Frühchen sind dabei. „Doch das Gros der Frühgeborenen bleibt heute gar nicht mehr so lange in der Frühförderung“, sagt Sabine Hebenstreit (49). Meist reiche da ein Jahr. Überhaupt gehe es nicht hauptsächlich um Kinder, die von einer deutlichen Behinderung bedroht sind. „Die meisten, die zu uns kommen, brauchen oft nur einen Anstups in ihrer Entwicklung.“

Wie der kleine Sohn der 45-jährigen Stockumerin, der gerade im Therapiezimmer verschwindet, während Mama auf dem Sofa vor der Tür wartet. „Er ist vier Jahre alt und spricht eher schlecht“, ist der Mutter aufgefallen. Deshalb suchte sie Rat in der Frühförderstelle, seit März kommt sie regelmäßig. Denn außer dem Sprachproblem stellten die Expertinnen fest, dass er auch Probleme hat, sich zu bewegen. „Eine Muskelschwäche und der Beckenschiefstand wurden bei den U-Untersuchungen nicht festgestellt“, so die Stockumerin, die froh ist, passende Hilfe gefunden zu haben. „Es wird schon alles besser.“

Nicht alle Eltern trauen sich, diesen Schritt zu tun. „Viele haben Angst, dass ihr Kind als behindert tituliert wird oder in eine Förderschule muss“, sagt Hebenstreit. Eher umgekehrt werde ein Schuh daraus. Damit aber Frühförderung auch im Alltag dauerhaft fruchtet, sei die Zusammenarbeit mit Eltern und Kindergärten ganz wichtig: „Ohne die können wir nichts bewegen.“