Seit 20 Jahren gibt es sie: die blauen Damen des Marien-Hospitals, zu denen sich mittlerweile auch vier Männer hinzugesellt haben. Ehrenamtler, die Menschen, die ins Krankenhaus müssen, ihre Zeit schenken, ihnen Trost spenden, sie zu Untersuchungen begleiten oder einfach zuhören. Elke Otto ist eine blaue Dame der ersten Stunde, seit 1995 dabei. Ihr Erkennungszeichen: ein blaues Tuch.
„Meins ist sogar noch aus Seide“, sagt die 75-Jährige. Und fügt noch augenzwinkernd hinzu: „Einen blauen Kittel hätte ich auch nicht angezogen.“ Elke Otto gehört heute zu einem 24-köpfigen Team. Als Helferin kam sie durch ihren Mann in die Klinik. „Der war damals im Krankenhaus-Kuratorium. Ich war Hausfrau und er meinte, ich solle das doch mal versuchen.“
An jedem Donnerstagvormittag schenkt sie seither fremden Menschen vier Stunden ihrer Zeit. Auf den Besuchs- und Empfangsdienst stoßen neue Patienten gleich im Klinik-Foyer. „Da haben wir einen Schreibtisch.“ Die, die hier von montags bis freitags immer morgens ihren Dienst tun, erkennen die Menschen, die ihre Hilfe benötigen. „Das sieht man schon, wenn da etwa ältere Menschen mit einer Taxe vorfahren und dann vielleicht ein wenig hilflos dastehen.“ Auch wer plötzlich als Notfall ins Hospital komme, freue sich über Beistand und Ansprache. „Egal, wie alt jemand ist“, wissen Otto und ihre Kolleginnen und Kollegen.
Frauen beißen die Zähne zusammen
Für Obdachlose hat Elke Otto im Krankenhaus auch schon einmal etwas Frisches zum Anziehen in der angeschlossenen Kleiderkammer der Caritas besorgt. Für andere Patienten geht sie zum Kiosk. „Wenn jemand eine Zeitschrift haben möchte.“ Sie hilft Kranken, so notwendig, auch geduldig beim Essen. „Ich habe schließlich Zeit, die für die Schwestern immer knapp ist.“ Und dann gebe es natürlich Patienten, „die zu Hause ganz alleine leben und froh sind, hier einmal jemanden zum Sprechen zu haben“.
Elke Otto informiert auch das Pflegepersonal, wenn ihr etwas auffällt. „Zum Beispiel, wenn Bettzeug blutig geworden ist und ausgetauscht werden sollte.“ Einmal wurde die 75-Jährige sogar wohl zur Lebensretterin. „Eine Frau wollte in unsere Bäderabteilung, sah aber sehr schlecht, sehr wackelig aus.“ Elke Otto brachte sie sofort in die Notaufnahme. „Die Frau war schwer herzkrank und schrieb mir später einen Dankesbrief.“
Malies Harprecht ist seit drei Jahren eine blaue Dame. Die gelernte Arzthelferin und Mutter einer Tochter, die schon studiert, wollte sich außerhalb der Familie engagieren und suchte ein Ehrenamt. Sie ging zur Freiwilligen-Agentur Fokus des Caritas-Verbandes und ließ sich dort beraten. Die Wahl fiel auf das Marien-Hospital, wo die 49-Jährige jetzt ihre Montagvormittage verbringt. Hier hat sie mit ihrem Ehrenamt auch schon ihre eigenen Erfahrungen gesammelt. „Männer erzählen einem im Krankenhaus häufiger persönliche Dinge als Frauen. Die beißen hier in der Klinik die Zähne zusammen und öffnen sich seltener.“ Apropos: Über alles, was einer blauen Dame zu Ohren kommt, hat sie Stillschweigen zu bewahren. „Das ist wie bei einem Gespräch mit einem Arzt.“