Witten. . Der DGB Mark Ruhr, zuständig auch für Witten, sieht in einem möglichen Freihandelsabkommen mit den USA („TTIP“) große Gefahren.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund Mark Ruhr, zuständig auch für Witten, sieht in einem möglichen Freihandelsabkommen mit den USA („TTIP“) große Gefahren für Umwelt, Verbraucher und Arbeitnehmer, aber auch für Städte in Haushaltssicherung wie Witten.

„Wir sind nicht gegen Handel“, sagt DGB-Geschäftsführer Jochen Marquardt. „Aber mit gerechtem Welthandel hat TTIP, so wie es jetzt aussieht, nichts zu tun.“ Er befürchte, dass Standards im Umwelt-, Verbraucher und Arbeitnehmerschutz ausgehöhlt werden könnten. So sei es möglich, dass flächendeckend Fracking in Deutschland möglich werden könnte. Bei Fracking handelt es sich um eine umstrittene Methode zur Gewinnung etwa von Erdgas, bei der Wasser und Chemikalien in tiefe Gesteinsschichten gepumpt werden. Kritiker befüchten unter anderem eine Verunreinigung des Grundwassers. Marquardt hat auch die Sorge, dass etwa Großkonzerne aus den USA, die sich hier niederlassen, gegen einen höheren Mindestlohn klagen könnten.

„Türen für Großkonzerne öffnen“

„Auch für klamme Städte wie Witten könnte die Gefahr bestehen, dass sie vor ein Investorengericht kommen, weil ein Konzern sagt, es liege eine Wettbewerbsverzerrung vor. Das geht es um Milliarden“, warnt der DGB-Chef. Und: Der 59-Jährige glaubt, dass durch ein Abkommen kaum bis keine neuen Arbeitsplätze geschaffen würden.

Argumente von Kritikern und Befürwortern

„TTIP“ steht für Transatlantic Trade and Investment Partnership, ein Transatlantisches Abkommen für Handel und Investitionsschutz, das seit 2013 zwischen EU und den USA verhandelt wird.

Befürworter von TTIP führen an, dass das Freihandelsabkommen Handelshemmnisse beseitige, Kosten für Unternehmen in den USA und der EU senke und so Arbeitsplätze schaffe.

Kritiker bemängeln, dass das Abkommen intransparent verhandelt werde. Vor allem für Verbraucher und Umwelt könne es zu Nachteilen kommen, wenn hiesige Standards abgesenkt werden.

Der Wittener Öko-Landwirt Dirk Liedmann bläst ins selbe Horn. TTIP sei eine „reine Wirtschaftsgeschichte, um großen Konzernen die Türen zu öffnen“ – und damit dem Klonen und der Gentechnik. „Viele Landwirte haben Angst, dass solche Standards aufgeweicht werden“, sagt der 50-Jährige. Als Öko-Bauer habe er die Sorge, dass Genpollen vom Nachbarn auf sein Feld fliegen könnten.

„Keine andere Chance, als dafür zu sein“

„Bio kann ich dann nicht mehr garantieren. Was soll ich den Verbrauchern erzählen? Die sagen mir: Dann kann ich ja gleich zum konventionellen Bauern gehen.“ US-Großkonzerne, das sei ein weiteres Szenario, könnten große Landflächen kaufen und Kleinbauern in die Knie zwingen. „Allerdings eher in Ostdeutschland oder Osteuropa, wo es große zusammenhängende Strukturen gibt. Hier ist alles zu klein strukturiert für große Konzerne.“

Und die Wittener Wirtschaft? Sie sieht ein mögliches Abkommen erwartungsgemäß gelassener. Als Unternehmer habe er „keine andere Chance, als dafür zu sein“, sagt Erik Böhmer, Chef des Eisenwerks. Er habe zwar keine direkten Geschäftsbeziehungen in die USA. „Wir könnten unseren Umsatz steigern, da unsere Kunden einen einen leichteren Marktzugang haben“, glaubt der Vorstand des Märkischen Arbeitgeberverbandes, zuständig auch für den EN-Kreis. Seine Rechnung: „Wenn die profitieren, profitieren wir auch.“

Die umstrittenen, nicht-staatlichen Schiedsgerichte, über die derzeit diskutiert wird, sieht Böhmer auch skeptisch. Nur: „Wenn man von der Globalisierung profitieren will, darf man sich nicht wegducken.“