Witten. . Es soll Wittener geben, die die Gartenstadt Crengeldanz nicht kennen. Dann wird es Zeit, zur Schottstraße zu fahren. Ein Ausflug ins Bergische Land.
Einen Steinwurf von der stark befahrenen Crengeldanzstraße entfernt kommt man sich vor wie in einem bergischen Dorf. Überall Schieferhäuser, schöne gepflegte Gärten mit Bäumen, Blumen, Obst und Gemüse. Wer durch die Schottstraße schlendert, kann eine himmliche Ruhe und eine denkmalgeschützte Idylle genießen. Karl-Georg Kogelheide hat in der Gartenstadt Crengeldanz, meist Schott-Siedlung genannt, fast sein ganzes Leben verbracht. Und will hier auch nicht mehr weg.
Denn der 71-Jährige findet, dass es in Witten keinen schöneren Ort zum Wohnen gibt. Seine Frau Brigitte (64) kann ihm da nur beipflichten. „Das ist doch toll hier, oder?!“ In der Schottstraße 10 sind sie seit 1972 zuhause. Als junges Ehepaar lebten sie zunächst auf 50 Quadratmetern im Erdgeschoss des Hauses, heute auf 100. Sohn Svend wohnt mit den Eltern unter einem Dach, die Tochter mit ihrer eigenen Familie „gleich schräg gegenüber“.
Im eigenen Garten Kartoffeln, Tomaten und Erdbeeren ernten
„So ist das doch auch schön“, findet Brigitte Kogelheide. Und erzählt amüsiert, dass sie am Anfang ihrer Ehe zwei Jahre an der Spröckhöveler Straße wohnten. „Da zieh ich lieber zurück zu meinen Eltern nach Langendreer“, hat die Frisörin damals zu ihrem Mann gesagt. Ihre Drohung musste sie nicht wahr machen, weil für die junge Familie dann ja was Schönes in der Siedlung frei wurde. Mit einem herrlichen Garten, in dem die Eheleute heute nicht nur gerne grillen, sondern außerdem Kartoffeln, Tomaten und Erdbeeren ernten.
In der Siedlung steht auch Karl-Georg Kogelheides Elternhaus. „Die Nummer 15.“ Sein Vater war Straßenbahnfahrer und bekam deswegen in der Gartenstadt Crengeldanz eine Wohnung, weil die Siedlung vor dem Ersten Weltkrieg vom Unternehmen „Westfälische Straßenbahn“ für Werksangehörige geplant worden war.
Eine Zinkwanne im Keller
Sechs Kinder seien sie gewesen, die zum Glück nicht alle zusammen mit den Eltern auf 50 Quadratmetern hätten leben müssen. „Meine älteren Geschwister waren schon aus dem Haus, mein Bruder Wolfgang und ich waren noch bei ihnen.“ Die Wohnung habe natürlich noch kein Badezimmer gehabt. „Es gab eine Zinkwanne im Keller. Da gingen wir dann am Samstagnachmittag alle hinein. Die Eltern zuerst.“ Kogelheides Arbeitsplatz lag nach seinem Volksschulabschluss gleich um die Ecke. „Ich wurde Glasschneider bei der damaligen Firma Detag, heute Pilkington.“
Heute leben hier Menschen mit vielen Berufen
Die Gartenstadt Crengeldanz entstand 1913/14 im Ortsteil Crengeldanz unter der Bauleitung des Architekten Banz vom Wittener Hochbauamt. Das damalige Unternehmen „Westfälische Straßenbahn“ hatte 1913 zusammen mit der Stadt die Gartenstadt Crengeldanz GmbH gegründet. Mit dem Ziel, eine Werkssiedlung für Straßenbahn-Mitarbeiter zu bauen, von der aus diese den Straßenbahn-Betriebshof an der Crengeldanzstraße zu Fuß erreichen konnten.
Es entstanden Häuser im bergischen Stil, mit Schiefer verkleidet und mit grünen Fensterläden, Nutzgärten und Bruchsteinmauern.
Zur Siedlung gehören 19 Gebäude. 18 liegen an der Schottstraße, ein Haus steht an der Otto-Seeling-Straße. Heute wohnen hier Menschen mit vielen Berufen. Eigentümer ist die Wohnungsgenossenschaft Witten-Süd.
Gleich neben der Gartenstadt findet man die Firma Pilkington. 1825 hatten die Gebrüder Theodor und Gustav Müllensiefen hier die Crengeldanzer Glasfabrik gegründet, die 1930 von der Deutsche Tafelglas AG (Detag) übernommen wurde.
Der Mann, der in seiner Wohnung vieles verschönerte, selbst umbaute, macht sich auch für eine gute Nachbarschaft stark. „Die haben wir hier wirklich.“ In Kogelheides „Kellerstübchen“, wo man nicht größer als 1,80 Meter sein darf, um noch aufrecht stehen zu können, trifft man sich, wenn man Feste plant. Gastgeber Kogelheide steht auch als Führer zur Verfügung, wenn sich Gruppen seine Siedlung ansehen wollen und wissen möchten, wie das früher hier so war.
Bewährtes Fachwerk
Dann erzählt der 71-Jährige zum Beispiel, dass sich unter all dem Schiefer Fachwerk verbirgt. Was sich im Zweiten Weltkrieg bewährte. „Da wurde unsere Glasfabrik bombardiert, ganz stark am 14. März 1945.“ Auch Siedlungshäuser wurden getroffen. Die Schäden waren alle zu beheben, was auch an der Fachwerkbauweise lag. „Das Fachwerk konnte die Druckwellen bei der Bombardierung überstehen, die massiv gebaute Häuser wohl zum Einsturz gebracht hätten.“
Gruppen, die von Karl-Georg Kogelheide einmal durch die Siedlung geführt werden möchten, können sich bei ihm melden: Tel. 02302/56 630.