Witten. . Von Mitte Juni bis Ende September steht sie wieder an: die Wiesenmahd. Mitglieder der Naturschutzgruppe Witten kümmern sich um ungenutzte Flächen.
Mitten im Tal, da wo der Kermelbach fließt, liegt zwischen Wäldern und Feldern eine große Wiese. Der Besitzer nutzt sie nicht mehr, denn sie ist schlecht erreichbar. Dafür kümmern sich einige Mitglieder der Naturschutzgruppe Witten (Nawit) darum, dass hier Schnecken, Falter und seltene Pflanzen neuen Lebensraum finden. Schon von ferne sind vier Gestalten zu erkennen, die emsig arbeiten: Es ist, wie immer zwischen Mitte Juni und Ende September, Zeit für die Wiesenmahd.
Nicht nur der Begriff stammt noch aus alter Zeit, auch die Arbeitsweise ist noch die gleiche wie früher. Na, fast jedenfalls. Nicht mit der Sense, sondern mit einem Balkenmäher, der einiges wegschaffen kann, hat Ralf Büch (56) das Gras vor zwei Wochen gemäht. Jetzt helfen ihm Hannelore Wollstein, Udo Drauschke und Werner Kletzing – alle ab 60 aufwärts – mit Rechen und Mistgabel dabei, das Gras zu Haufen zusammenzukehren. Am Rand wird es dann verrotten.
Erfüllung eines Kindheitstraums
„Wenn wir das nicht machen würden, würde die Wiese verbuschen und sich irgendwann zu Wald zurückentwickeln“, erklärt Büch. „So aber kriegt alles wieder Licht.“ Seit fünf Jahren mäht er mit seiner Truppe die Fläche und überlässt sie ansonsten sich selbst. Dünger, der bei genutzten Wiesen zum Einsatz kommt, ist natürlich tabu. So konnte längst neues Leben entstehen: Kräuter, Insekten, Blühpflanzen. Das weiße Mädesüß zum Beispiel gibt es inzwischen hier und auch der Mädesüß-Perlmuttfalter wurde schon gesichtet. „Seine Raupe braucht diese Pflanze.“ Auf dem Weg zur Wiese bin ich selbst fast auf eine Weinbergschnecke getreten. Sie fühlt sich ebenfalls wohl hier.
Nawit-Gruppe und Exkursion: Jeder kann mitmachen
Die Mitglieder der Naturschutzgruppe Witten, die bei der Wiesenmahd helfen, gehören zur Geländegruppe. Diese trifft sich mittwochs von 9 bis 12 Uhr, sowie an jedem ersten Samstag im Monat von 10 bis 13 Uhr. Der Verein würde sich über eine Unterstützung durch weitere Bürger freuen. Jeder kann mitmachen. Kontakt über: 0171/314 0488.
„Naturschutz aus zweiter Hand“ heißt die Nawit-Exkursion mit Annette Schulte am Samstag, 18. Juli, von 15 bis 17 Uhr. Besucht wird eine Fläche am Kemnader See, die zum Schutz der seltenen Tier- und Pflanzenarten der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich ist. Anmelden kann man sich bei der Vhs: 581 8610. Die Teilnahme kostet drei Euro.
Aber auch den Menschen, die auf der Fläche arbeiten, geht es gut. „Das ist wie die Erfüllung eines Kindheitstraums“, schwärmt Hannelore Wollstein. „Ich wollte früher mal Bäuerin werden und habe mir immer vorgestellt, wie es sein würde, die Heuernte einzufahren.“ Einzig, dass das Gras lange im Regen lag und deshalb jetzt „schwer und usselig“ ist, dämpft ihre Begeisterung ein wenig. Dafür gefällt ihr die Stille rundum, die nur von Vogelgezwitscher unterbrochen wird: „Das macht die Seele frei.“ Enkelin Katana allerdings kann dem Naturerlebnis heute nicht allzu viel abgewinnen. Wespen stören die Sechsjährige: „Ich bin schon mal gestochen worden.“ Lieber wartet sie in Omas Auto, bis die Arbeit beendet ist.
„Wir müssen heute fertig werden“, sagt Ralf Büch. Schließlich warten weitere Wiesen auf die Mahd, etwa im Elbschetal oder in Durchholz. Diese Arbeit liegt ihm besonders am Herzen – „weil sie Sinn macht“. Büch ist einer, dem nicht gefällt, wie der Mensch mit der Natur umgeht. „Wenn wir uns nur das nehmen würden, was wir zum Leben brauchen, wäre für Artenvielfalt gesorgt.“ Mit einem Streifen im Garten, auf dem alles wild wachsen darf, könnten viele einen kleinen Beitrag leisten.