Witten. . Hans-Peter Steger hält gar nichts vom Baden in der Ruhr. Der Campingplatzbesitzer weiß, wovon er spricht. Zu schmerzhaft sind seine Erfahrungen.

Die kleinen Enten schwimmen fiepend vorbei, einige Boote schaukeln träge auf dem seichten Wasser, es geht ein leichter Wind, die Ruhr breitet sich glänzend in der Sonne aus – der Bommeraner Campingplatzbesitzer Hans-Peter Steger hat das Paradies gleich vor der Haustür. Und doch warnt er eindringlich nach dem jüngsten mutmaßlichen tödlichen Badeunfall in Wetter-Wengern vor der Heimtücke des Flusses.

Der 70-Jährige muss es wissen, hat er doch gleich drei Angehörige an die Ruhr verloren: seinen zwei Jahre jüngeren Bruder, der mit fünf Jahren in den Fluten starb, seinen Vater, der dort 1978 den Tod fand, und seinen Opa, der 1927 darin umkam. „Ich habe die Schnauze voll!“ Diesen Satz sagte der Campingplatzbetreiber in dritter Generation, kurz bevor der 21-jährige Iraker am Samstagabend ein Stück weiter flussaufwärts in den Fluten verschwand. Steger: „Die Ruhr ist und bleibt für mich heimtückisch. Keiner weiß, wo die Strudel und die Untiefen sind.“

Starke Strömung und Untiefen

Der Reporter trifft das Bommeraner Urgestein am Montagmorgen. Nur wenige Bootsminuten entfernt suchen Polizeitaucher (siehe Bericht unten) den am Samstagabend in Wengern vermutlich ertrunkenen Asylbewerber. Die Strömung hat ihn möglicherweise schon fortgetrieben, flussabwärts, in Richtung Witten. Auch an diesem Morgen ist die Strömung stark. Michael Vogel, Einsatzleiter der DLRG, nimmt die Presse mit hinaus auf den Fluss. Lässt er den Motor nur für einen kurzen Moment aus, treibt der 4,50 Meter lange Kahn sofort ab. Wie muss es nur einem Menschen gehen, der versucht, dagegen anzuschwimmen?

Das Unbehagen bei Hans-Peter Steger ist groß, wenn die Menschen bei dem schönen Wetter wieder in die Fluten springen. „Ich habe hier schon Kinder rausgezogen, von gerade gestorben bis sechs, sieben Wochen gelegen.“ Dabei kennt er selbst noch die Zeiten, als sie das „Insel-Schwimmen“ veranstalten, als gegenüber das Eisenbahner-strandbad im Sommer zum Schwimmen verlockte, ebenso wie das Naturfreibad unterhalb des Kraftwerks Hohenstein, beim Lokal Wieshoff, wo heute der Schwalbe-Anleger an der Uferstraße ist.

Gegen Pläne für ein Naturfreibad

Dass sich die Politik, allen voran das Bündnis und die Junge Union, dort jetzt wieder für ein Naturfreibad einsetzt – Steger ist prinzipiell dagegen, „dass die Ruhr wieder zum Schwimmen freigegeben wird“. Auch Michael Vogel von der DLRG sieht die Sache skeptisch, zum Einen, weil er um die Gefährlichkeit des Flusses weiß.

Wegen der unterschiedlichen Wassertiefe gebe es keine gleichbleibende Strömungsgeschwindigkeit, „das ist das Tückische“. Zwar habe man an der Anlegestelle Uferstraße, wo Hunderte bei schönem Wetter ins Wasser gehen, nicht mit solchen Strömungen zu kämpfen. Aber wie soll man ein solches Strandbad von morgens bis abends bewachen, fragt sich Vogel zum Anderen. „Wenn wir das machen, ziehen wir unsere Stationen am Ufer blank.“

Ein DLRG-Wachturm, er steht auch auf dem Platz von Hans-Peter Steger. Er ist schon seit über 50 Jahren Mitglied, schob früher selbst Dienst, bevor er mit 17 dem Vater in der Kneipe helfen musste, dem Vater, den er 1978 morgens um sechs tot aus dem Wasser zog.