Witten. . Viele Freunde hat sich das Bürgerbündnis im ersten Jahr eins seines Bestehens nicht gemacht. Es hagelt Kritik von allen Seiten.

Ein Jahr ist es Jahr, dass sich SPD und CDU zum ersten Wittener „Bürgerbündnis“ zusammentaten – der Not gehorchend, weil die Kommunalwahlen Ende Mai keine klaren Mehrheiten gebracht hatten. Sicherlich aber auch, um den Machthunger zu stillen. Vom „Grokodil“ ist inzwischen die Rede.

Die Bilanz fällt eher dürftig aus, sagt – was sonst – die Opposition. Aber auch ein Spitzenbeamter fragt, was die Große Koalition (Groko) denn bisher geleistet habe, außer die Bürgermeisterin absägen zu wollen. Tatsächlich mündete der Dauerzoff mit Leidemann nach der Machtergreifung in die konsequente Übernahme wichtiger und – wie böse Zunge sagen – gut dotierter Ämter.

Bürgermeisterin in wichtigen Gremien entmachtet

CDU-Fraktionschef Klaus Noske nahm ihr als Erstes den traditionell der Bürgermeister(in) zufallenden Aufsichtsratsvorsitz bei den Stadtwerken, Richter den Chefsessel im Sparkassen-Verwaltungsrat. Er würde jetzt sagen, sie sei zur Wahl bei den Stadtwerken nicht mal angetreten. Hätte das einen Unterschied gemacht? Der SPD-Politiker setzte sich noch an die Spitze im Jugendhilfe- und Schulausschuss und vergrätzte so die langjährige Vorsitzende Lilo Dannert (Grüne). Ist all das reine Machtgier, vielleicht auch späte Rache – oder einfach nur normales Procedere der Mehrheitsparteien?

Kommen wir zu den Sachthemen: Sicher gab es eine Vielzahl von Anträgen an die Verwaltung. Letztere steht seit der Groko unter besonderem Druck. Lange Zeit sei sich die Stadtführung aufgrund der Konkurrenz von SPD und CDU selbst überlassen gewesen, sagt Klaus Riepe vom Bürgerbündnis. Nun sitze sie ihr stärker im Nacken. „Ob das jetzt gut oder schlecht ist, sei dahingestellt.“

Sicherheit, Sauberkeit und bessere Straßen

Die CDU hatte sich besonders Sicherheit und Sauberkeit auf die Fahnen geschrieben, als das sechsseitige Bündnispapier formuliert wurde. Sieht die Stadt inzwischen besser aus? Oder die Straßen? Eine Million zusätzlich versprach uns die SPD.

Bleiben große Themen wie der Wickmannstreit. Hier hat die Koalition den Verhinderungskurs der Verwaltung gestoppt. So weit die wohlwollende Betrachtung. Andere sagen: Verzichtet man in dem laufenden Gerichtsverfahren auf die Berufung, wird Investoren Tür und Tor geöffnet, auch solchen, die man vielleicht nicht haben will.

Haushalt gemeinsam getragen

Zweites großes Thema ist die Rathaussanierung. Längst eingestielt, wurde sie endgültig beschlossen. Weiter unklar ist die Zukunft des Kornmarkts. Neue große Projekte sucht man bisher vergebens.

Was sich die Groko anrechen kann: Sie hat den Haushalt gemeinsam getragen und somit den Weg für weitere Investitionen freigemacht. Gleichzeitig steht sie bisher aber noch für einen massiven Anstieg von Gebühren wie der Grundsteuer. Eigene Sparvorschläge vermissen Oppositionelle wie Stefan Borggraefe von den Piraten: „Das wird total der Verwaltung zugeschoben. Hier nehmen sie ihre Verantwortung nicht wahr.“

Fazit: Fünf Jahre bleiben dem Bündnis, die Stadt wie versprochen „nach vorn zu bringen“ – vielleicht ja sogar mit einem Bürgermeister nach Wunsch. Denn das war der nächste Coup: SPD und CDU verständigten sich auf den Ersten Beigeordneten Schweppe (SPD) als gemeinsamen Kandidaten. Somit könnte die Wahl im September auch für ihn zur ersten Abrechnung über die Groko werden.