Witten. . Der sieben Monate alte Junge aus Heven kam als extremes Frühchen zur Welt. Inzwischen wiegt erfünf Kilo und bringt seine Eltern gern zum Lachen.

Gerade hat Louis sein Fläschchen bekommen. Jetzt liegt er in Mamas Armen, nuckelt zufrieden an seinem Schnuller und langsam fallen ihm die Augen zu. Zeit für den Mittagsschlaf. Nadine Goralski blickt glücklich auf das kleine Bündel, das vor ein paar Monaten noch viel winziger war: 460 Gramm wog ihr Sohn bei der Geburt, die sich vier Monate früher ankündigte als geplant. Sogar eine Herz-OP im Marien-Hospital hat der kleine Mann schon hinter sich. Doch jetzt, sagt Papa Sebastian, „sind die Ärzte ganz begeistert, dass er sich so gut entwickelt“.

Voller Terminkalender

Dennoch: Louis, der aktuell 5,2 Kilo wiegt, sei körperlich und motorisch eher auf dem Stand eines drei Monate alten Kindes – was seinem eigentlichen Geburtstermin im März entsprechen würde, an dem die Mediziner sich orientieren. „Die ganze Rechnerei irritiert ein bisschen“, sagt Sebastian Goralski (26). „Wir feiern einfach zweimal Geburtstag“, nimmt’s seine Frau gelassen, die übrigens heute 27 wird.

Die junge Familie – der Papa gönnt sich sieben Monate Elternzeit – hat einen vollen Terminkalender. Letzten Montag zum Beispiel kam morgens die Heilpädagogin ins Haus, mittags stand eine Untersuchung im Krankenhaus an, abends trainierte die Physiotherapeutin mit dem Kleinen. „Er steckt das alles gut weg“, sagt seine Mama. Gleich in der ersten Woche, in der Louis endlich zu Hause war, besuchten seine Eltern die Frühförderstelle der Lebenshilfe am Wannen. „Mein Vater ist Physiotherapeut, deshalb wusste ich, wie wichtig das ist“, sagt Sebastian Goralski. Die Übungen fördern Reflexe, die etwa das Kriechen anregen. Doch erstmal hat sich Louis mit der Bauchlage, die er anfangs gar nicht mochte, angefreundet und lugt neugierig aus seiner Wiege. „Ich versuche, so wenig wie möglich mit anderen Kindern zu vergleichen“, sagt Nadine Goralski – und kann es doch nicht immer vermeiden.

„Er ist ein kleiner Kämpfer“

Doch etwas anderes wiegt viel mehr: „Wir haben ganz viel Glück mit ihm gehabt.“ Er sei ein kleiner Kämpfer. Nicht umsonst trägt ihr Sohn ein Supermann-T-Shirt. „Ich hab’ ihm am Brutkasten versprochen, dass er so eins kriegt.“ Trotzdem vergessen die Eltern nie, dass da jetzt noch jemand bei ihnen sein könnte: Zwillingsbruder Levin, der nach 21 Tagen starb. „Wir besuchen ihn oft zu dritt auf dem Friedhof“, sagt die Mutter. „Wir trauern, aber wir wollen für Louis stark sein.“

Der schläft nachts jetzt in seinem eigenen Zimmer, mit einem Monitor, der jede Regung überwacht. „Aber da war noch nie was Ernsthaftes.“ Natürlich sei der Alltag anstrengend, würden die Termine nicht weniger. „Aber wenn wir morgens zu Louis ans Bett gehen“, erzählt Sebastian Goralski, „er uns anguckt und sofort lächelt – das ist einfach herrlich“.