Witten. . Zwei spannende Bauten kann man am Tag der Architektur in Witten besichtigen: Das Haus der Familie Camphausen und die Schreinerei von Uwe Klein.

„Modern, ohne Schnörkel und auch zeitlos“, so lautete der Wunsch der Familie Camphausen für ihr Eigenheim. Am Hevener Bruch, dem Baugebiet an der unteren Universitätsstraße in Heven fand sie das passende Grundstück, das möglichst frei von Bebauungsplänen und Bauträgern Platz für eigene Entwürfe bot.

Architektin Nicole Hein vom Essener Büro Schwarzgold entwarf für die dreiköpfige Familie ein Haus, dessen Grundgedanken sie als „Addition und Subtraktion“ beschreibt: Markante Einschnitte und Einschübe zeichnen das hell geklinkerte Gebäude aus.

Blöcke und Materialwechsel

An der Frontseite ist der Eingang im Erdgeschoss zurückgesetzt, das Obergeschoss dient als Überdachung für das mit beschichtetem Holz farblich abgesetzte Entree. Auch zum Garten hin sind Holzflächen neben den Fensterfronten eingelassen. Dieser Materialwechsel sorgt für einen gewissen kubistischen Eindruck.

Auch die ebenfalls als eigener „Block“ erkennbare schwarze Doppelgarage ist neben dem Eingang zum Teil in das Gebäude eingeschoben. Auf ihr liegt das Obergeschoss mit dem asymmetrischen Satteldach auf. Innen wünschte sich Bauherr Jan Camphausen vor allem einen möglichst großen und lichtdurchfluteten Innenraum, der mit Küche und Wohnbereich das Herzstück des Familienlebens bildet. Vor allem zum Garten und zu einem nicht bebauten Parkstück öffnen große Glasfronten das Gebäude.

Auch bei diesen Fenstern wurde „subtrahiert“: Hier wurde durch die Bodenfläche des oberen Geschosses „hindurchgeschnitten“, um stellenweise eine Zweigeschossigkeit zu ermöglichen. So wirken die Fensterbereiche höher und der Essbereich der Familie einladend hell. „Das besonders Schöne an der Architektur ist, dass die Statik im Wohnbereich ganz ohne Stützen und Pfeiler auskommt. Das war uns wichtig“, erklärt Jan Camphausen.

Ende 2013 war das Eigenheim bezugsfertig. Seit der Geburt des erst einjährigen Sohnes Arne werden vor allem die Innenräume – mit einer steilen Treppe und vielen Glasbrüstungen – dem Praxistest unterzogen. „Jetzt mit Kind würde ich vielleicht doch ein paar Dinge anders machen“, schmunzelt Nina Camphausen. Ganz ernst meint sie es nicht. Denn die Inneneinrichtung lässt kaum Wünsche offen. „Sie ist in die Form eingepasst. Viele Möbel zum Beispiel sind in die Wände integriert“, sagt Architektin Sabine Hein. Auch die speziellen Leuchten wurden zum Gesamtkonzept passend ausgesucht.

Dass moderne Architektur auch wohnlich und gemütlich wirken kann, wird in den Sommermonaten auf der Terrasse deutlich: Anstelle einer Überdachung dient hier eine elektronisch ausfahrbare Markise in einer quadratischen Halterung als Sonnenschutz. Geradlinig, modern, schnörkellos – die passt zum Haus.

Besondere Möbel brauchen eine besondere Umgebung: Die Schreiner Klein 

Wer Design-Möbel baut, für den ist eine 08/15-Halle keine gute Visitenkarte: So dachte Uwe Klein, als er einen neuen Standort für seine Schreinerei suchte. Zu klein war es im Wittener Bruch geworden, zu eng neben der Wohnbebauung. Die neue Fertigungshalle im Salinger Feld sollte daher größer werden, großzügiger – und schick.

Mit Peter Senftleben war rasch der passende Architekt gefunden: „Wir haben schon öfter zusammen gearbeitet, ich mag seinen modernen, sachlichen Stil, seine gerade Linie“, lobt Klein den Herner. Und der ist ebenfalls angetan von der Zusammenarbeit: „Uwe Klein weiß genau, was möglich ist. Er versteht, wie ein Architekt arbeitet – das ist nicht selbstverständlich.“

So wurde man sich über den Entwurf der neuen Fertigungshalle für die sieben Mitarbeiter rasch einig – obwohl das Budget ausgesprochen begrenzt war: 15 mal 30 Meter groß, mit einem großen Dachüberstand. „Eigentlich ganz schlicht, aber in der Formsprache doch anspruchsvoll und mit einem hohen Wiedererkennungswert“, beschreibt Senftleben. Das Besondere: Das Tragwerk ist eine Mischkonstruktion aus Stahl und Holz. Die Balken ziehen sich sichtbar durch die ganze Halle, die Technik verbirgt sich hinter ihren Rückseiten. Dadurch wirkt die Fertigung sehr aufgeräumt, zumal die Arbeitsabläufe beim Neubau zusammen mit der Innung neu strukturiert wurden: Es entstand ein Kreislauf, der ein Hin und Her überflüssig macht.

Die Schreinerei ist ungewöhnlich gut isoliert. Beheizt wird sie mit Holz-Reststoffen, die in der Produktion anfallen. Die Bodenplatte aus Sichtbeton – speziell bearbeitet und versiegelt – ist zugleich der sichtbare Bodenbelag.

Am auffälligsten aber ist die Vorhangfassade: Sie besteht aus streng gerasterten Schichtstoffplatten – quasi aus hochverdichtetem Papier. Während sie unterm Überstand noch dunkelbraun schimmern, haben sie auf der sonnigen Giebelsseite bereits eine eher graue Farbe angenommen: „Man sieht den natürlichen Alterungsprozess“, erklärt Klein. Das ist gewollt: „Es symbolisiert die Lebendigkeit der Materialien mit denen wir arbeiten – aber ohne rustikal zu sein.“

2009 wurde die Halle gebaut, noch ist nicht alles fertig: Die Grünanlage drumherum etwa ist noch mehr eine Wildnis. Und dann soll da ja noch die Ausstellungsfläche kommen – ein weiteres Gebäudeteil an der Giebelseite, auf das beim Bau aus Kostengründen verzichtet wurde. „Wir machen weiter“, verspricht Uwe Klein. „Wir bleiben dran.“

Tag der Architektur

Der Tag der Architektur 2015 findet am 27. und 28. Juni in Nordrhein-Westfalen statt. Es ist die 20. Veranstaltung dieser Art. 375 verschiedene Bauwerke in 163 Städten und Gemeinden werden zu besichtigen sein.

In Witten sind in diesem Jahr zwei Objekte dabei: Die Tischlerei Uwe Klein im Salinger Feld 56 und das Einfamilienhaus Hevener Bruch 20.

Die Tischlerei ist Samstag von 10 bis 18 Uhr und am Sonntag von 12 bis 18 Uhr geöffnet, das Einfamilienhaus kann Samstag von 14 bis 17 Uhr besichtigt werden. Führungen gibt es dort jeweils zur vollen Stunde.