Witten. . Helmut Heemann hat das Projekt „Kanufahren mit Flüchtlingen“ ins Leben gerufen. Viele machen mit. Jetzt ging’s vom Hallenbad auf den echten Fluss.
„Links vorwärts, rechts halten. Links vorwärts, rechts halten.“ Gemächlich dreht sich das Boot im Uhrzeigersinn. Kanu-Lehrer Helmut Heemann ist zufrieden. Seine Schüler haben im Lehrschwimmbecken der Brenschenschule gut aufgepasst. Es sind Flüchtlinge aus aller Herren Länder: Syrien, Iran, Irak, Nordafrika.
Als Einzelkämpfer hat Helmut Heemann das Projekt „Kanufahren mit Flüchtlingen“ gestartet. Das war im Januar. 16 Flüchtlinge sind seitdem regelmäßig dabei. Und immer kommen neue Mitstreiter. Alles sind gestandene Mannsbilder. Jeder einzelne von ihnen hat eine lange Odyssee hinter sich. Mit und ohne Familie.
Auf der Ruhr ist es etwas ganz anderes als im Hallenbad. Viel schöner. Da sind sich alle einig. Ohne Schwimmwesten geht es nicht. Darauf achtet Helmut Heemann sehr genau. Aber seine Schüler waren sehr lernfähig. Deshalb ist der Spaß in der freien Natur jetzt umso größer. Einzige Voraussetzung: Jeder muss schwimmen können.
Die Fahrt geht Richtung Schleusenwärterhaus
Das Einer-Kajak oder lieber das große Zehner-Kanu? Die Meinungen der Teilnehmer gehen da etwas auseinander. „Kleines Boot ist anstrengend“, sagt der Syrer Najeh Shekmosa (34) in gebrochenem Deutsch. „Großes Schiff macht mehr gemeinsam.“ Alle lachen zustimmend, als Riadh Ben Khelifa ins Arabische übersetzt. Riadh ist mittlerweile als Dolmetscher für die Flüchtlinge unersetzlich geworden. Der 31-Jährige spricht mehrere Sprachen fließend.
Nach einigen Wendemanövern macht sich die Bootsbesatzung auf in Richtung Schleusenwärterhaus. Eine knappe Stunde hin - flussabwärts. Eine gute Stunde zurück - flussaufwärts. „Da können wir am Ufer oder in der Kehrtströmung an Brückenpfeilern Energie sparen“, bringt Heemann seinen Schülern bei. „Jeder muss lernen, die Strömungsverhältnisse zu beobachten“, schmunzelt er.
Singen gehört auch dazu
Dann entschwindet das Boot Richtung Ruhrbrücke. Und die Männer haben ein sonniges Lied auf den Lippen. Denn gemeinsames Singen und sportlicher Sprachunterricht gehören zum Konzept des Pädagogen Helmut Heemann. Pünktlichkeit verlangt er allerdings von seinen „Kanuten“ auch. Wer zu spät kommt, hat im wahrsten Sinne des Wortes das Nachsehen. Und kann dem Boot hinterher sehen oder winken.
Nach einem langen Hürdenlauf ist es ihm jetzt endlich gelungen, zwei Container für die Boote plus Ausrüstung genehmigt zu kriegen. „Eigentlich sollten diese auf dem WKG-Gelände an der Uferstraße stehen,“ erzählt er. „Aber weil diese Fläche für die Schwalbe-Passagiere zugänglich sein muss, habe ich eine andere Möglichkeit gefunden.“
Zwei, von ihm aus privater Tasche finanzierte Container werden zukünftig auf dem Gelände an der Blue-Beach-Halle stehen. Sohn Dirk - Betreiber der Halle - war sofort dabei. 3000 Euro hat Helmut Heemann für die Container aus seiner Brieftasche gezückt. Ein klein wenig ärgert er sich, dass er jetzt noch 200 Euro Bearbeitungsgebühr an die Stadtverwaltung zahlen musste. „Aber so isses“, meint er achselzuckend. Mitstreiter, Sponsoren und Übungsleiter sucht Heemann allerdings händeringend. Denn wenn er eine Kindergruppe aufbaut, kann er das nicht mehr als Einzelkämpfer leisten.