Witten. . Eine Wittener Interessengemeinschaft möchte in der Ruhrstadt ein Mehrgenerationenhaus bauen, eine Art Studenten-WG, nicht nur für über 50-Jährige.

Wie wohnt man künftig? Gerade bei über 50-Jährigen gibt es derzeit einen neuen Trend, nämlich das „Mehrgenerationenhaus“. Solche Anlagen mit Dorfcharakter gibt es bereits in den Nachbarstädten. Eine Gruppe Wittener, zwischen 30 und 80 Jahren alt, plant zurzeit das alternative Wohnen in der Ruhrstadt – und sucht ein passendes Objekt und weitere Interessierte.

Inge und Bernd Bause leben in einer Doppelhaushälfte, innenstadtnah, mit traumhaften Garten. Dieses Eigentum wollen sie aufgeben, wenn auch schweren Herzens, für ein Experiment, das sie sichtlich fasziniert. „Das Zusammenleben ist unser Lebenskonzept. Das macht den Alltag bunter und reicher“, sagt die 63-Jährige. „Ich habe früher in Wohngemeinschaften gelebt, dann eine große Familie gehabt.“

Acht- bis 15 Parteien

Jetzt ist das Leben nach dem Platzbedarf und nach den Ansprüchen der Kinder angebrochen, und die Bauses haben für sich erkannt: Ihr schönes Haus ist viel zu groß und vor allem viel zu ruhig.

Separat wohnen und trotzdem zusammen leben, bietet das Mehrgenerationenhaus. Fünf „umziehwillige“ Wittener stecken gerade mitten in der Planung. Die Gruppe ging aus einem Workshop der Volkshochschule hervor. Ihre Pläne: Acht bis 15 Parteien teilen sich eine Wohnanlage. Die Wohnungen liegen für sich. Man teilt sich allerdings Einrichtungen, wie eine Werkstatt, die Fahrradgarage, ein Gäste-Appartement, den Küchengarten oder einen Hühnerstall. Es gibt aber auch einen großen Versammlungsraum, in dem man gemeinsam kochen könnte, bestenfalls noch ein „Kaminzimmer“ als Bibliothek und draußen einen „Dorfplatz“. Mitunter mischt sich auch eine echte WG, etwa mit Studenten, ins Ensemble.

Bibliothek im Kaminzimmer

Den Bauses kommt es darauf an, dass auch Jüngere das Objekt beleben. So wie Jasmin Brozulat (32) , die auch in Witten mitmachen will. Warum? „Ich arbeite als Grundschullehrerin und wollte mir gern Eigentum zulegen. Aber meinen Traum vom Bruchsteinhaus mit großem Garten kann ich mir allein nicht leisten. So kann ich mir mehr gönnen als ganz allein. “ Zudem gefällt ihr die Idee, nicht allein zu sein, wenn man nach Hause kommt: gemeinsam zu kochen oder einfach zu quatschen, während man draußen sein Auto putzt.

Die Erfahrung aus den Nachbarstädten zeige, wie sehr ein Mehrgenerationenhaus ein Quartier beleben kann: Das fängt mit Zeitungsaustausch an, führt zu gemeinsamen Kochkursen oder Car-Sharing. Bernd Bause: „Ich glaube, heutzutage wächst das Bedürfnis, mehr Gemeinschaft zu leben.“

Info

Ein Vortrag des einstigen Bremer Bürgermeisters Henning Scherf brachte die Wittener auf den Geschmack. Scherf lebt mit seiner Frau Luise in einer Hausgemeinschaft in der Bremer Innenstadt, die er 1987 mit zehn Freunden gegründet hat und die er als „Wahlfamilie“ bezeichnet. Er wirbt für diese Art des Zusammenlebens und empfiehlt sie als Chance für die alternde Gesellschaft.

In Bochum, Essen, Herdecke und Dortmund gibt es solche Wohnprojekte. In Bochum verkaufte den Interessen zum Beispiel eine Wohngenossenschaft leer gezogene Wohnblöcke, die dann umgebaut wurden.

Auch die Wittener Gruppe würde am liebsten ein bestehendes Objekt umbauen, wäre aber auch einem Investor nicht abgeneigt. Sie stehen bereits in Kontakt mit dem Projekt „Buntstift“ in Bochum-Gerthe und der Hattinger Stiftung Trias. Wer ein passendes Objekt anbieten könnte oder mitwohnen möchte, schreibe bitte eine
Email an
wohnen-in-generationen@web.de.