Witten. . Bei den gut besuchten Konzerten der Kammermusiktage wurde großartige neue Musik geboten. Die Besucher spendeten stürmischen Applaus.
Um als Zuhörer bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik in den Genuss zeitgenössischer Klangentwicklungen zu kommen ist es erforderlich, nicht an althergebrachten Klangstrukturen festzuhalten, sondern Herz und Sinne für neue musikalische Deutungen zu öffnen. Dazu waren die meisten Besucher durchaus bereit, wie der große, oft stürmische Applaus, bewies.
Was aber gibt es Neues in der zeitgenössischen Musikszene, wohin geht die Entwicklung? Niemand kann in die Zukunft schauen, aber es war doch auffällig, dass sowohl bei den Soloinstrumenten als auch bei den Ensemblegruppen die spielerischen Möglichkeiten und das zur Verfügung stehende Klangspektrum erforscht und erweitert wurden und auf artfremde Spieltechniken (Kratzen, Schlagen, Quietschen etc.) weitgehend wieder verzichtet wurde.
Das wurde besonders deutlich bei dem Solostück „Traces XI“ für Posaune und Elektronik von Martin Madalon. Hier produzierte der Solist Uwe Dierksen im Saalbau unter Verwendung verschiedener Dämpfer und einer ausgefeilten Lippentechnik Klänge, die man auf diesem Instrument nicht für möglich gehalten hätte.
Noch eindrucksvoller erklang die Komposition „In vivo“ für Violine solo des französischen Komponisten Pascal Dusapin. Die Violinsolistin Carolin Widmann verzauberte das Publikum beim Konzert in der Johanniskirche mit ihrem konzentrierten und klangschönen Spiel, welches sich in den lyrischen Teilen in der Stille der Unendlichkeit zu verlieren schien. Auch hier wurden neue Klänge mit bekannter Spieltechnik produziert.
Ein Höhepunkt war in der Blote Vogel Schule der Auftritt des WDR Rundfunkchores Köln. In den fünf Chorstücken „Enigma“ hat der österreichische Komponist Beat Furrer Texte von Leonardo da Vinci mit düsteren Prophezeiungen vertont. Unheilvolle Spannung verbreitete sich, wenn der Chor über Sprechgesang, seufzerartig abwärts gleitenden Stimmen bis hin zur Unhörbarkeit oder drohende Passagen in äußerster Lautstärke und gewaltiger Strahlkraft die ganze Palette seiner gestalterischen Fähigkeiten zeigte.