Die Wittener Kleingärtneranlage Gemeinwohl gibt es bereits seit 1932. Warum Menschen mit einem grünen Daumen hier heute ihr zweites Zuhause haben.

Sie kennen sich seit vielen Jahren, sind miteinander befreundet und teilen eine grüne Leidenschaft: Sie sind Kleingärtner. Keine Spießbürger, sondern Menschen, die gerne ihre Freizeit im eigenen Grün verbringen, das sie liebevoll pflegen. Leute, die gerne eigenes Obst und Gemüse ernten, weil sie wissen, wie und wo es gewachsen ist. Menschen wie Familie Joswig, die Eheleute Pompetzki und Helmut Lattemann – Nachbarn im Kleingärtnerverein Gemeinwohl.

Der liegt in Sichtweite der Dortmunder Straße und der Uni und kann zum Beispiel über die Dirschauer Straße angefahren werden. Die 19-jährige Aileen empfängt den Gast lächelnd im Dahlienweg, wo die Laube ihrer Eltern, Marita (59) und Rolf Joswig (61), steht. Die Tochter, die gerade ihr Abi an der Hardenstein-Gesamtschule macht, wird von ihnen schmunzelnd „Gartenkind“ genannt. Weil Aileen halt im Kleingarten groß geworden ist, auf dem Gehweg laufen lernte, hier später oft ihre Schularbeiten machte und viele Freunde fand.

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Die Familie, die in einer Wohnung mit Balkon lebt, kam 2004 zum eigenen grünen Paradies, als Marita Joswigs Mutter die Gartenarbeit im Alter zu mühselig wurde. Denn Kleingärtner zu sein, betont Aileen, bedeute für ihre Eltern nicht, sich in den Liegestuhl auf den Rasen zu legen. Die zwei flüchten nicht vor der Arbeit, sondern suchen sie an der frischen Luft, im Blumenbeet, beim Ziehen von Gemüse, bei der Baumpflege oder beim Anlegen eines kleinen Gartenteichs.

Die Eheleute Pompetzki haben ihren Garten 27 Jahre lang genossen

Marita Joswig ist auf ihrer gepachteten Parzelle für die Blumen und das Gemüse zuständig. „Ich liebe es bunt“, sagt die 59-Jährige. Man sieht’s. Ihre Tulpen, Stiefmütterchen und Hyazinthen machen beim Hingucken gute Laune. Das Gemüsebeet soll Kartoffeln, Salat, Zuckererbsen und Zucchini hervorbringen. Die Kiefer vor der Gartenlaube dient Meisen, Tauben und Elstern gleichzeitig als Kinderstube. „Und alle vertragen sich!“

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Doris (73) und Erich Pompetzki (75) nicken. Seit 1988 haben sie einen Kleingarten in der Anlage Gemeinwohl. Während seines Berufslebens war dieser für Erich Pompetzki ein herrlicher Ausgleich. „Ich habe 35 Jahre als Fräser im Eisenbahnreparaturwerk im Schichtdienst gearbeitet.“ Der Vater des gebürtigen Ostpreußen hatte einen Bauernhof. Die körperliche Arbeit, die frische Luft, „die Freiheit, die so ein Garten bietet“, das haben die Eheleute 27 Jahre lang sehr genossen. Doris Pompetzki, die große Pfingstrosen-Freundin, genoss auch das monatliche Kaffeetrinken der Frauengruppe des Kleingartenvereins. „Da sind viele Freundschaften entstanden.“ Die will die 73-Jährige auch weiter pflegen, wenn sie und ihr Mann sich „schweren Herzens“ bald von ihrer Parzelle trennen. „Wir können das aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Leider, der Garten war unser zweites Zuhause.“

„Der Stress aus dem Büro war in einer halben Stunde vergessen“

Nachfolger für ihren Garten sind vermutlich schon gefunden. „Eine Familie wird sich dem Verein am Samstag vorstellen“, sagt Helmut Lattemann (71), Maschinenbauingenieur und seit über 30 Jahren ebenfalls Kleingärtner. „Wenn ich früher in den Garten kam, war der Stress aus dem Büro in einer halben Stunde vergessen.“

Lattemann und seine Frau ernten sehr viel Beerenobst. „Im Garten wird daraus Saft gemacht. Dann macht meine Frau Gelee.“ Was Lattemann wichtig ist: „Bei uns wird nicht gespritzt!“ Schädlingen könne man auch anders vorbeugen. „Ich pflanze etwa Petersilie vor die Tomaten. Das hält unerwünschte Tierchen fern.“ Der Mann hält auch nichts von allzu aufgeräumten Gärten. „Man sollte in einer Ecke ein paar Brennneseln stehen lassen. Da freuen sich viele Schmetterlinge drüber.“