. 200 Demonstranten haben den ihrer Ansicht nach „braunen Rattenfängern“ beim Saalbau-Kongress eine klare Absage erteilt. Die Polizeipräsenz ist enorm.
Mit Trommeln, Transparenten und Trillerpfeifen hat Witten am Sonntag (22.3.) gegen den „1. Alternativen Wissenskongress“ im Saalbau protestiert. Das Viel-Parteien-Aktionsbündnis „Witten gegen Verschwörungswahn“ brachte an diesem kalten Morgen rund 150 Teilnehmer auf die Beine, die aus ganz NRW angereiste Antifa (Antifaschisten) knapp 60 statt der angemeldeten 200. Ein massives Polizeiaufgebot ließ den Gedanken an mögliche Ausschreitungen schnell vergessen.
Patricia Podolski, eine junge Sozialdemokratin, freut sich ebenso wie Jusochef Philip Raillon über das „Zeichen“, das Witten und die meisten im Rat vertretenen Parteien gesetzt hätten. Man habe Flagge gezeigt gegen Rechtspopulismus, „gegen die braune Rattenfänger“, wie es Vhs-Chefin Bettina Sommerbauer formuliert, die als „Privatperson“ mitmarschiert. Rote SPD-Fähnchen flattern genauso im Wind wie die Flagge der Piraten oder der Grünen Jugend. Auch linksextreme Parteien sind darunter, und die schwarzen und roten Fahnen der zum Teil schwarz vermummten Antifa-Bewegung.
Bäckereiverkäuferin hatte Angst
Die startet ihren Demo-Zug am Bahnhof, wo die in dunklen Anoraks, Kapuzenpullis und teilweise mit Sonnenbrillen verhüllte linke Protestszene der Bäckereiverkäuferin erst einmal einen gehörigen Schrecken einjagt. „Aber bei so viel Polizei waren wir ja sicher“, sagt sie später. Fast zwei Einsatzhundertschaften sichern die gesamte Innenstadt. Weniger das Wittener Aktionsbündnis als vielmehr der zum Teil offenbar autonome Block der Antifa dürfte der Grund für diese massive Präsenz sein.
Eingerahmt von Mannschaftswagen sowie Polizei in grünen Kampfanzügen setzt sich der Antifa-Protestzug in Bewegung, spielt laute Musik und greift massiv die Redner auf dem 1. Alternativen Wissenskongress im Saalbau an. „Jürgen, halt’s Maul“ steht in großen roten Buchstaben auf einem Transparent.“ Gemeint ist Publizist Jürgen Elsässer, der als einer der Vordenker der Neuen Rechte gilt. Leo (24) ist einer der wenigen Wittener, die sich unter die Antifa gemischt haben. „Ich habe keinen Bock, dass solche Deppen in Witten sind“, sagt er. Kongressredner bedienten rassistische Ressentiments, sagen die Kritiker. Sie werfen ihnen auch Antisemitismus vor.
Bürgermeisterkandidat lief beim Aktionsbündnis mit
Wird der Wissenskongress, der die Frage „Wer regiert Deutschland?“ in den Mittelpunkt und aus AfD-Kreisen organisiert wird, durch die Demo nicht zu sehr aufgewertet? „Auf keinen Fall. Ignorieren ist keine Lösung“, sagt Axel Echeverria, stellvertretender SPD-Vorsitzender. Es wäre ein großer Fehler, die Rechten nicht ernst zu nehmen.
Die 310 nähert sich und die Polizei bittet die Demonstranten, die Straßenbahnschienen zu verlassen. Alles bleibt friedlich. Am Berliner Platz vereinigen sich – früher als geplant – der Protestzug des „bürgerlichen“ Wittener Bündnisses und der Antifa. Gemeinsam ziehen sie mit lauter Musik über die Ruhrstraße Richtung Saalbau. Auch Bürgermeisterkandidat Frank Schweppe ist dabei. Er wünsche sich andere Veranstaltungen als einen solchen Kongress, sagt er. Birgit, 68, marschiert auch mit: „Ich bin gegen die Faschisten und ihre ausländerfeindliche Parolen.“