Die Awo im EN-Kreis möchte mehr junge Männer für den Erzieher-Beruf begeistern. In der Wittener Kita Kreisstraße arbeiten schon vier.

In Kitas sind – deutschlandweit – immer noch zu rund 97 Prozent Frauen beschäftigt. Dass kleine Kinder auch männliche Bezugspersonen und Rollenvorbilder brauchen, davon ist nicht nur das Bundesfamilienministerium, sondern auch die Awo im EN-Kreis überzeugt. Und glücklich darüber, dass in der Awo-Kita Kreisstraße gleich drei Erzieher arbeiten.

Einer von ihnen ist Ben Schmidt. Nach Fachabi und Zivildienst wollte er eigentlich Musikpädagogik studieren. Mit dem Studienplatz klappte es nicht. Pädagogisch arbeiten kann man auch als Erzieher, sagte sich der Wittener. In der Awo-Kita Kreisstraße, die im August 2013 öffnete, ist der heute 28-Jährige von Anfang an dabei. „Ich arbeite mit Menschen, mache täglich etwas Sinnvolles und freue mich sehr, wenn ich sehe, dass die Kinder durch uns Fortschritte machen.“

„Mein Vater hatte Bedenken“

Musikunterricht gibt Schmidt jetzt in seiner Freizeit. Zur Gitarre greift er natürlich auch in der Kita – zur Freude der dortigen 66 Mädchen und Jungen. Dass der Mann außerdem Fußball spielen und Spielzeug-Flugzeuge bauen kann, bestätigen Louis (5) und Emil (4) mit einem begeisterten Kopfnicken.

Auch Schmidts Kollege Patrick Bräuer ist einer, der die Wahl des „Frauenberufes“ nach dem Fachabi noch keine Sekunde bereut hat. Wie reagierte seine Familie? „Meine Mutter fand das toll. Mein Vater hatte Bedenken, weil er meinte, als Erzieher werde ich wohl nicht viel verdienen“, so der 26-Jährige. „Das Geld war für mich aber nicht das Kriterium bei der Berufswahl.“ Dass er in schwierigen Situationen ruhig bleibe und generell ein geduldiger Mensch sei, helfe ihm im bunten, oft lauten Kita-Alltag, wie Bräuer, der später gerne einmal selbst eine solche Einrichtung leiten möchte, schmunzelnd betont.

In der Kita Kreisstraße ist Torsten Beerhenke jetzt sein Chef. „Bei Lohmann & Stolterfoht habe ich erst mal eine Schlosserlehre gemacht. Und wusste dann: Das ist nicht deins“, erzählt der 43-Jährige. In seiner Freizeit engagierte er sich früher bei der Kinder- und Jugendarbeit der Martin-Luther-Kirchengemeinde, sattelte schließlich um und wurde auch hauptberuflich Erzieher.

Einsatz wurde durch den Europäischen Sozialfonds gefördert

Beerhenke freut sich, die beiden männlichen Kollegen an seiner Seite zu haben. „Und es gibt außerdem noch einen jungen Mann, der bei uns sein Freiwilliges Soziales Jahr macht und dann Erzieher werden möchte.“ Der Kita-Leiter weiß, dass die Kinder von den Männern profitieren. „Sie müssen beide Geschlechter erleben, die nun mal unterschiedlich sind.“ Nicht zuletzt sei es gesellschaftliche Realität, „dass es heute viele alleinerziehende Mütter gibt“.

Dies betont auch Jochen Winter, Geschäftsführer der Awo im EN-Kreis: „Wir haben bis Ende vergangenen Jahres, insgesamt drei Jahre lang, einen Erzieher halb von seiner Arbeit freigestellt, damit er bei jungen Männern im Kreis für den Beruf wirbt.“ Ein Einsatz, der durch den Europäischen Sozialfonds gefördert wurde. Winter hatte Gelegenheit, sich in Oslo über die dortige Arbeit von Erziehern zu informieren. „Das ist in Norwegen ein akademischer Beruf, der natürlich besser bezahlt wird als bei uns. Da können wir von Skandinavien noch viel lernen.“

Carsten Jasper ist einer der Väter, die finden, dass sein Sohn gut in der Kita Kreisstraße aufgehoben ist. „Er ist fünf, provoziert gerne, ist oft sehr grenzüberschreitend“, sagt der 40-Jährige. Und erlebt: „Dass er in der Kita auf Männer trifft, tut ihm gut.“