Witten. . Horst-Dieter Obermeier arbeitete 25 Jahre lang im Bochumer Opel-Werk. Dort endet an diesem Freitag die Auto-Produktion – und damit sein Job.

Wenn an diesem Freitag in Bochum das letzte Auto vom Band rollt, wird Horst-Dieter Obermeier angeln gehen. „Ich hatte noch ein paar freie Tage“, sagt der Stockumer, der 25 Jahre als Montagearbeiter im Opel-Werk malochte. Froh sei er darüber, denn man habe sich ja nur noch gequält, habe irgendwie versucht, die Zeit rumzukriegen. „Zum Abbau brauchten die uns nicht.“

Letzten Montag ist er abends noch ganz normal zur Schicht gefahren, die immer um 22 Uhr begann. „Dienstagmorgen um viertel nach fünf hatten wir das letzte Auto im Rohbau fertig“, sagt Obermeier, den die meisten besser als „Hugo“ und viele als Jugendtrainer beim TuS Heven kennen. Sein letzter Handgriff: „Ich habe einen Kotflügel verschraubt.“ Dann hätten sich die Kollegen, die ganze alte Mannschaft, noch mal für ein Foto zusammengestellt. Klar, das sei ein komischer Moment gewesen. Tränen flossen aber keine. „Wir wussten jetzt schon so lange, dass das Werk dicht macht.“ Außerdem haben viele aus seiner Truppe ohnehin bald das Rentenalter erreicht.

Er bleibt nicht zwei Jahre zu Hause

Obermeier ist erst 47 Jahre alt – und einer, der mit beiden Beinen im Leben steht. Zwar wechselt er ab 1. Januar zunächst in eine Transfergesellschaft, wäre also erst mal versorgt. „Aber du bleibst nicht zwei Jahre zu Hause“, hat seine Frau Silke (43) gesagt. „Und da bin ich auch nicht der Typ für.“ Deshalb hat er schon mehrere Bewerbungen geschrieben und wird bald zwei Wochen bei einer Wittener Firma zur Probe arbeiten. „Wenn alles klappt, stellen die mich zum 1. Februar ein.“ Er weiß, das wäre fast wie ein Sechser im Lotto, denn im ersten Moment habe die Familie schon Existenzangst verspürt. Schließlich haben die Obermeiers zwei Kinder im Teenageralter und ein Reihenhaus, das noch nicht abbezahlt ist. „Bei Opel haben wir gutes Geld verdient.“ Auch wenn es seit 2004 nur minimale Lohnerhöhungen gab.

Gelernt hat Obermeier bei Düchting in Witten: Betriebsschlosser. 1988 ging er für zwei Jahre zum Bund. Schon damals fuhr er übrigens Opel – „einen Manta und meine Freundin war Friseuse“, grinst er seine Frau an, die das jetzt hier am liebsten nicht lesen würde. Am 2. Januar 1990 begann Horst-Dieter Obermeier bei der Adam Opel AG, zunächst in der Auspufffertigung. „Da war noch alles rosig.“ 20 000 Leute arbeiteten im Werk. „Es ging zu wie im Ameisenhaufen.“ 19 Jahre machte der Stockumer Dauernachtschicht. „Ich fand’s genial“, sagt der Familienmensch, denn für Frau und Kinder blieb viel Zeit.

Montag ist Betriebsversammlung

„Natürlich haben wir gedacht, dass ich da alt werde.“ Doch irgendwann gab’s immer mehr „gelbe Kollegen“ – die Roboter. Irgendwann wurde die Nachtschichtzulage von einem auf den anderen Monat gekürzt, „das war ein Jahresurlaub“. Zum Schluss blieben 3000 Opelaner übrig, die offiziell noch bis zum 19. Dezember beschäftigt sind. Zwei Wochen arbeiten, wo’s keine Arbeit mehr gibt. Das will sich keiner antun. Deshalb hoffen Obermeier und die Kollegen auf die Betriebsversammlung am Montag. Eine kollektive Freischicht für alle soll dabei herausspringen.

Doch auch wenn das Bochumer Werk bald Vergangenheit ist, wird der Stockumer täglich an seinen alten Arbeitgeber erinnert. „Du bist ja bekloppt“, das haben alle gesagt, als er sich jetzt wieder einen Opel bestellt hat. Doch schließlich sei das letzte Schätzchen, ein 16 Jahre alter Zafira mit vielen Beulen, immer gut gelaufen.