Die Szene wiederholt sich bei fast jedem Auto: Der Fahrer ist recht flink auf der Kemnastraße in Richtung Ortskern Leithe unterwegs, sieht den Polizeiwagen, geht „in die Eisen” und passiert Hauptkommissar Michael Leerhoff mit moderaten 32 km/h.
Der weiß, dass der Pkw zuvor mit Spitze 57 unterwegs war, sieben zu viel in einer Ortschaft. Der Bezirksbeamte steht neben einer Tafel, die die Geschwindigkeit anzeigt. Aber der Messpunkt liegt schon knappe 70 Meter früher, bevor die Fahrer den Polizisten sehen können. „Diese Tempoanzeige soll nur ein Hinweis sein”, erläutert der Kommissar. Er und seine Kollegen sind an der Kemnastraße nicht zum ersten Mal präsent, „in acht Wochen haben wir hier sechs Mal gemessen, aber nach oben hin hatten wir bislang keine echten Ausreißer.”
Sonst rasen die hier wie die Irren
Also wird auf der Kemnastraße nicht zu schnell gefahren? Die Anwohner sehen's ganz anders. Kaum entdecken sie ihren Bezirksbeamten vor Ort, wird diskutiert. „Sonst rasen die hier wie die Irren”, sagt einer. Eine Nachbarin schildert, dass es vor allem abends schlimm sei. „Die sehen, dass die Ampel grün zeigt und fahren mit Tempo 80.” Allerdings weiß Leerhoff auch, dass es schwer ist, Geschwindigkeiten zu schätzen, „laut meint automatisch schnell”.
Die Polizei macht nach dem Schülerlotsen-Unfall im März vergangenen Jahres ihre Hausaufgaben. Eine Ampel in Höhe des katholischen Kindergartens war eine der Forderungen von Anliegern, ein generelles Tempo 30 als ganzheitliche hatte das Gremium „Verkehrssituation Leithe” unter anderem vorgeschlagen. „Wir wollen das alles mit Zahlen untermauern”, sagt Michael Leerhoff, der sich auch bereits die Unfallentwicklung unter die Lupe genommen hat: „Kaum nennenswert.”
Einsatz von Laser-Messgeräten
Die Polizei wird's nicht bei der Tempo-Hinweistafel belassen, „wir werden auch Laser-Messgeräte einsetzen”, kündigt der Bezirksbeamte an; eventuell auch im Berufsverkehr, wenn sich auf der Kemnastraße die Kolonnen von der A 40 bis zur Kreuzung Weststraße stauen. Auch dazu hört der Beamte die Meinung einer Anwohnerin: „Kunden, die den Geldautomaten der Sparkasse nutzen wollen, halten trotz des Verbots, und der Wagen kann nicht überholt werden.” Der Verkehrsraum sei eben kaum anders zu gestalten”, so die Antwort des Hauptkommissars. Er kann sich vorstellen, dass die Erkenntnissse der Ordnungshüter zusammen mit weiteren Erkenntnissen in einer weiteren Bürgerrunde diskutiert werden. Zu der ersten hatte die WAZ im August 2008 eingeladen.
Übrigens: Die Polizeiaktion stand am Mittwoch an der Kemnastraße unter „kritischer Beobachtung”: Die Mädchen und Jungen des Kindergartens nutzten dazu die Plattform ihres Baumhauses – und applaudierten bei jedem Fahrer, der bremste.