Eigentlich ist es verblüffend: Eingekesselt zwischen Erzbahntrasse, Radweg und neuer Ortsumgehung Günnigfeld liegt das Naturschutzgebiet Am Blumenkamp. Und doch ist es ein für Wattenscheid einmaliges Fleckchen Natur.

„So etwas gibt es sogar in ganz Bochum nur selten”, erklärt Stadtförster Marcel Möller. „Das Feuchtgebiet ist mit weniger als vier Hektar sehr klein.” Entstanden ist die Wasserfläche durch Bergbau. „Wie viele andere Bereiche von Günnigfeld hat sich das Gelände abgesenkt”, sagt Michael Grothe vom Umwelt- und Grünflächenamt. „Anschließend hat sich hier das Wasser aufgestaut.”

Jetzt ragen Stümpfe von Schwarzerlen aus dem Wasser, manche von ihnen treiben noch aus und schaffen so ein Landschaftsbild, das eher an Mangroven erinnert als an Ruhrpott.

Wer genau hinsieht, kann auf den Stümpfen Schildkröten entdecken, die regungslos ein Sonnenbad nehmen. „Das sind Rotwangen-Schmuckschildkröten”, so Marcel Möller. „Sie sind nicht heimisch hier. Irgendjemand hat die wohl aus falsch verstandener Tierliebe ausgesetzt.”

Schmuckschildkröten werden häufig als Jungtiere gekauft und in Terrarien gehalten. Sie können aber bis zu 30 Zentimeter groß, zwei Kilogramm schwer und bis zu 85 Jahre alt werden. „Oft werden sie dann einfach ausgesetzt.” Mit den kühlen Temperaturen kommt die nordamerikanische Schildkröte, die im Ruhrgebiet mittlerweile die häufigste Reptilienart ist, gut klar.

Am Uferrand sind weitere Neubürger der heimischen Tierwelt zu entdecken: Kanadagänse. In den 80er Jahren haben sie zum ersten mal in Bochum gebrütet, seitdem breiten sie sich immer stärker aus. Eine von den Vögeln im Blumenkamp trägt einen großen gelben Ring mit einer Zahlenkombination am Fuß.

Wer die Ringnummer mit dem bloßen Auge oder mit dem Fernglas abliest, kann sie auf der Homepage des ehrenamtlichen Vogelschützers Olaf Geiter melden (www.kanadagans.de) und bekommt innerhalb weniger Tage den Lebenslauf des Vogel geschickt. Die Gans im Blumenkamp wurde im Jahr 2005 im Naturschutzgebiet beringt und hat in den vergangenen Jahren mehrmals dort gebrütet.

„Wir wollen mehr über das Zugverhalten der Vögel lernen”, erklärt Geiter. „Deswegen ist jede Beobachtung wichtig für uns. Wie viele Junge hat sie? Wann ist sie wo gesichtet worden? Wo verbringt sie den Winter? Wir sind auf die Mithilfe der Bürger angewiesen.”

Aber nicht nur Neubürger wie Kanadagans und Schmuckschildkröten fühlen sich am Blumenkamp wohl, sondern auch viele heimische Arten. „Das Gebiet steht unter Naturschutz, weil hier verschiedene Amphibien vorkommen”, sagt der Förster Marcel Möller: Grasfrösche, Erdkröten, Wasserfrösche, Teich- und Bergmolche. Aber auch Wasserfrösche und Geburtshelferkröten haben ihren Lebensraum an der Grenze zu Bochum gefunden. „Die Situation für die Amphibien hat sich durch die Ortsumgehung nicht verschlechtert. Ganzjährig sind dort Krötenzäune und Tunnel installiert, die den Tieren eine sichere Wanderung zwischen Sommer- und Winterquartier ermöglicht.”

Neben den zahlreichen Tierarten beherbergt das Naturschutzgebiet eine Fülle von Pflanzen, darunter auch seltenere Arten wie das Raue Hornblatt oder die Walzensegge. „Einige andere Arten sind dort aber auch von Bürgern angepflanzt worden, was in einem Naturschutzgebiet streng verboten ist”, erklärt Dr. Armin Jagel vom Bochumer Botanischen Verein.