Bochum-Wattenscheid. Bewohner einen Hauses in Wattenscheid befürchten den Rausschmiss, obwohl sie teils seit Jahrzehnten an der Hansastraße 112 wohnen. Aus dem dortigen Bürogebäude wurde ohne Genehmigung ein Mehrfamilienhaus - 1971 war das. Natürlich sehe sich die Stadt in der Verantwortung für die betroffenen Bewohner, sagte ein Sprecher.
Unmittelbar vor der Räumung, vor dem Rausschmiss sehen sich die Bewohner des Hauses an der Hansastraße 112. Denn angeblich leben sie dort, zum Teil schon seit Jahrzehnten, illegal.
Das 1971 erbaute Haus durfte gar nicht privat genutzt werden, steht doch das Grundstück – laut Bebauungsplan 817 – in einem ausgewiesenen Gewerbegebiet. Und der im Jahr 2007 aufgestellte Bebauungsplan sieht vor, dass dieses ausschließlich der Gewerbe-Nutzung dienen soll. Heißt: Dort dürfen Büro- und gewerbliche Räume untergebracht sein, aber keine herkömmlichen Wohnungen. Und doch wird das Haus ausschließlich für sieben Wohnungen genutzt. Aber schon seit langer Zeit.
Stadt jetzt kompromissbereit
Anwohner-Sprecher Till Genth (53), der im Jahre 1998 dort mit seiner Frau eine Eigentumswohnung gekauft hat, ist völlig schockiert: „Wir sollen hier ‘raus, hat uns die Stadt in einer ersten Anhörung Ende Oktober gesagt. Und zwar schnell, vielleicht zum Jahresende. Wir haben nie gewusst, dass wir in einer Betriebswohnung leben.“ Er spreche auch für die anderen Mitbewohner. Etwa für Hannelore Röder (78), die seitdem das Haus existiert an der Hansastraße lebt.
Laut Stadt ist dort lediglich ein Bürogebäude mit zwei Betriebswohnungen genehmigt, aber kein Mehrfamilienhaus. Denn es handele sich um ein Industriegebiet, in dem Nutzungskonflikte zwischen Wohnen und Betrieben auszuschließen sind. Wie im Laufe der Jahre in dem Gebäude mehrere Wohnungen entstehen konnten, sei schleierhaft. Dem Bauordnungsamt sei das vorher nicht bekannt gewesen. Stadtsprecher Thomas Sprenger auf WAZ-Anfrage: „Wir werden das Wohnen dort als Wohnraum genehmigen.“ Das alles sei jetzt erst aufgefallen. Natürlich sehe sich die Stadt in der Verantwortung für die betroffenen Bewohner. Sie sollen einen Antrag auf Nutzungsänderung stellen, der von der Stadt „wohlwollend geprüft“ werde, so Sprenger. Die Eigentümer würden aber auch noch von der Stadt angeschrieben.
Aus Insolvenzmasse Firmengrundstück gekauft
Den Stein ins Rollen gebracht hat Johann Philipps. Der Unternehmer kaufte aus einer Insolvenzmasse das Firmengrundstück, zu dem drei Wohneinheiten in dem Haus dazu gehörten (eine Betriebswohnung im Souterrain und zwei Wohnungen im Dachgeschoss). Als er bei der Stadt einen Antrag für den Abriss der alten Lagerhalle und für Wohnraum gestellt habe, sei aufgefallen, dass eine wohnliche Nutzung über betriebliche Zwecke hinaus in dem Haus gar nicht genehmigt sei. „Obwohl mir ein anders lautendes Gutachten vorlag. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich den Kauf doch gar nicht getätigt.“ Er will eigentlich auf dem Grundstück, nahe dem Westkreuz gelegen, „einen Betrieb ohne Lärm einrichten“. Philipps wundert sich, „wie die Stadt über Jahrzehnte eine derartige wohnliche Nutzung in dem Haus offenbar geduldet hat. Jetzt muss doch einvernehmlich mit den Bewohnern eine Lösung gefunden werden.“