Wattenscheid. .

Nicht zu übersehen ist der markante Bau gleich gegenüber vom Alten Rathaus: weiß, dunkle Spiegelglasfassade, fünf Geschosse. Jetzt kommt der Bereich Hagenstraße 10 unter den Hammer und wird am 25. Februar am Amtsgericht Bochum zwangsversteigert (10 Uhr).

Gutachterin Roswitha Harnach gibt den Verkehrswert des Wohn- und Geschäftshauses mit 1,39 Mio Euro an (Baujahr 2000). Es enthält u.a. Wohnung, Schwimmbad, große Ausstellungsräume, Pkw-Stellflächen und im Dachgeschoss ein sog. Patio als Freisitz (Lichthof).

Für die Errichtung des im Jahr 2000 fertiggestellten Gebäudes wurde damals laut Gutachten als Nutzung beantragt und genehmigt der „Neubau eines Einfamilienhauses mit Abstellflächen“. Die Wohn- und Nutzfläche betrage insgesamt rund 2535 qm, „so dass zukünftig nicht von einer Weiterführung der Nutzung gemäß erteilter Baugenehmigung auszugehen ist“. Die Gutachterin nimmt bei der Wertermittlung eine zukünftige Nutzung vorwiegend für Büro-/Praxisflächen an, dafür müsste allerdings ein Umnutzungsantrag beim Bauordnungsamt gestellt werden.

Was wird aus diesem stadtbildprägenden Gebäude im Herzen der Innenstadt? Das fragen sich viele interessierte Bürger. Dies ist schließlich nicht nur ein zentraler Citybereich, sondern auch ein geschichtsträchtiger Ort, an den sich noch viele Wattenscheider gut erinnern können. Dort stand einst das legendäre Lokal „Bierstall“, das „Stallwirt“ Anton Bomers ab dem Jahr 1900 leitete – eine urige Kneipe, Jahrzehnte lang aus der Altstadt nicht wegzudenken.

„Die Wirtschaft Hagenstraße war eines der ältesten Häuser in WAT“, heißt es im Heft „Der Wattenscheider“, das der Heimat- und Bürgerverein (HBV) herausgibt. Damit begann die Erfolgsgeschichte des rustikalen „Bierstalls“ und des „Stallwirts“ Anton Bomers. Er war bekannt für seine Sprüche, wie „Wer im Bierstall nicht verkehrt, verkehrt verkehrt”. Den „kürzesten Weg zum Standesamt“ aus dem Hintereingang des Bierstalls zum Rathaus sollen viele Wattenscheider gewählt haben. Seine Gäste erschauderten, wenn er mit einem Trick sich selbst die Finger abschnitt; berühmt-berüchtigt war auch seine Hausmusik mit improvisierten Instrumenten.

Anton Bomers starb am 5. April 1961 im Alter von 84 Jahren. Sein Lokal überlebte ihn um einige Jahrzehnte, musste jedoch diesem weißen Neubau an der Hagenstraße weichen. Am 13. Oktober 1996 schloss das Lokal, am 6. Februar 1997 begann der Abriss, noch bevor der „Bierstall“ 100 Jahre alt war.