Wattenscheid. .
Eigentlich hat Annemarie Rothe an der weißen Pracht wenig auszusetzen. Schließlich sei es in den vergangenen Wochen viel zu warm gewesen, der jetzige Schneefall passe da schon viel besser zur Jahreszeit. Doch die 80-Jährige benötigt einen Rollator um von A nach B zu kommen. Und sie wohnt in der VBW-Seniorenanlage hinter dem früheren Altenheim am Beisenkamp. Eine Kombination, die Annemarie Rothe zurzeit vor eine Herausforderung stellt.
Denn wenn die Seniorin in die Innenstadt oder zur Bushaltestelle gehen will, nutzt sie für gewöhnlich die Abkürzung über das ehemalige Heimgelände, vorbei an der stillgelegten Veranstaltungshalle. „Die meisten Bewohner hier sind nun einmal gehbehindert. Und das ist der schnellste Weg“, schildert Rothe. Direkte Zugänge zur Parkstraße führen sonst über Treppen, für Gehbehinderte gibt es einen barrierefreien Weg über die Steinhausstraße – ein großer Bogen, den man nicht gerne macht.
„Wie abgeschoben“
Doch die Steinhausstraße scheint momentan die einzige Chance für Annemarie Rothe und ihre Mitbewohner zu sein, um alltägliche Besorgungen zu erledigen, um aus der Anlage überhaupt herauszukommen. Denn die Stadt lässt seit Schließung des Seniorenheims im Frühjahr 2011 auf dem Heimgelände weder Schneeräumen noch Streuen. „Wir kommen uns daher bei dem schlechten Wetter wie abgeschoben vor, als nicht wichtig für die Stadt“, klagt Rothe.
Wolfgang Sendt, städtischer Betriebsleiter der Alten- und Pflegeheime, bittet um Nachsicht: „Wir sind auf diesem Grundstück nicht mehr ansässig. Für einen Winterdienst entstehen zusätzliche Kosten, das wäre nicht angemessen.“ Zwar übernehme die Stadt auf dem Bürgersteig vor dem Altenheim weiterhin den Winterdienst, doch weitere Flächen könne man nicht „im Vorübergehen“ mitmachen.
Eine andere Fläche müsste schließlich wieder neu überwacht werden, Haftungsfragen kämen im Zweifel auf. „Grundsätzlich haben wir diesen Weg aus Rücksicht bisher nicht geschlossen, damit Bewohner mit Rollatoren keinen Umweg in die Seniorenanlage gehen müssen. Doch bei diesem Wetter sollten die Leute vernünftig sein und den Umweg in Kauf nehmen“, kann Sendt nur empfehlen.
Annemarie Rothe wird jedoch versuchen, auch bei Schnee weiterhin den kleinen Hang zu nutzen, sich vorsichtig heranzutasten. „Im Zweifel, wenn es glatt ist, drehe ich eben wieder um“, kündigt sie an. In der VBW-Anlage selbst sind die Wege schließlich freigeräumt. „Insgesamt ist das Wohnen hier sehr komfortabel. Wenn nur das Schneeproblem nicht wäre.“