Wattenscheid. .
Die Lebenshilfe plant einen aufwendigen Neubau am Rande der Innenstadt. Der gemeinnützige Verein hat ein 800 Quadratmeter großes Grundstück an der Westenfelder Straße erworben und möchte dort unter anderem ein zweites Behindertenwohnheim bauen. Doch die angedachte Erweiterung stößt innerhalb der Lebenshilfe auch auf Kritik.
Der bisherige Standort an der Sommerdelle bleibt indes definitiv erhalten. Dort leben derzeit 47 Männer und Frauen mit geistiger Behinderung, sie werden von 35 Mitarbeitern rund um die Uhr betreut. Einige der Bewohner sollen jedoch ausgelagert werden. Am neuen Standort an der Westenfelder Straße 54 wird ein Haus mit mehreren Einzelzimmern entstehen. Laut Franz-Willi Treffner (72) ist das dem neuen Wohn- und Teilhabegesetz geschuldet: „Das schreibt vor, dass bis 2018 mindestens 80 Prozent der Zimmer in Wohnheimen Einzelzimmer sein müssen.“ Treffner ist Vorsitzender des Lebenshilfe-Vereins und sieht sich vor die Wahl gestellt: Um die gesetzliche Auflage zu erfüllen, müsste die Lebenshilfe entweder einen Aufnahmestopp verhängen – so dass nach dem Ausscheiden eines Bewohners niemand nachrücken würde – oder neu bauen. Ein Aufnahmestopp komme indes nicht infrage: „Es gibt in Wattenscheid noch so viele behinderte Menschen, die man nicht sieht, weil sie noch bei ihren alten Eltern wohnen.“ Der Hilfebedarf werde also sogar steigen.
Sind Doppelzimmer besser?
Die Lebenshilfe kritisiert das Einzelzimmer-Gebot. „Ich halte Doppelzimmer für kommunikative Zentren. Da reden Leute miteinander, die sonst alleine im Einzelzimmer säßen“, so Treffner. Horst Kowollik (61), Leiter der Wohnstätte an der Sommerdellenstraße, denkt an Menschen, die sich in einer Gruppe unwohl fühlen und daher soziale Situationen meiden. Kowollik: „Für die hat das Doppelzimmer seine Berechtigung, weil sie dort nicht so isoliert sind.“ Von den 36 Wohnräumen im Lebenshilfe-Heim sind 24 Einzel- und zwölf Doppelzimmer. Dort leben 28 Männer und 19 Frauen zwischen 26 und 77 Jahren.
Um die 80-Prozent-Quote zu erfüllen, hat sich der Verein nach einem Baugrundstück umgesehen – und ist auf die Westenfelder Straße aufmerksam geworden. Treffner gefällt vor allem die Lage in Bushaltestellen-, Innenstadt- und Bahnhofsnähe. Das leerstehende Haus, das noch auf dem Grundstück steht, soll abgerissen werden.
2018 muss alles fertig sein
Treffner schweben zwei Gebäude vor: Das Wohnheim und ein altersgerechtes Mietshaus für die Generation „zwischen 60 und Altenzentrum“. Durch die räumliche Nähe sollen Senioren und Behinderte miteinander in Kontakt kommen, das Stichwort lautet „Inklusion“. Die Stadt habe den Bauvorantrag schon bewilligt. Wann und ob überhaupt der Bau beginnen kann, hängt an der Finanzierung. Fest steht: Spätestens 2018 muss zumindest das Heim fertig sein.