Wattenscheid. .
„Einmal den Metaxa-Teller – und, wie geht das Spiel gegen Deutschland am Freitag aus?“ Wer derzeit beim Griechen bestellt, schiebt gleich die obligatorische Fußball-Frage nach. Das Viertelfinale der Europameisterschaft – wichtigstes Thema neben Ouzo und Speisekarte in den Hellas-Restaurants. Es elektrisiert die Fans. Halt kein ganz normales Spiel.
Mit einer klaren Antwort tun sich besonders die jüngeren Griechen, in Deutschland aufgewachsen, schwer. „Zwei Herzen schlagen in meiner Brust. Es ist so, als wenn Vater gegen Mutter spielt“, sagt Billy Karanikas vom „Restaurant Akropolis“ an der Voedestraße. „Das beste wäre, sie würden gar nicht gegeneinander spielen, oder erst im Endspiel.“
Der 35-Jährige weiß um die Brisanz der Begegnung vor dem Hintergrund der Euro-Krise und drohenden griechischen Staatspleite. „Das gibt der Partie eine Schärfe, die da aber nicht hinein gehört. Politik und Sport sollte man ganz klar trennen. Jetzt geht’s um Fußball, nicht mehr und nicht weniger. Und hier in Deutschland denken wir anders als viele Menschen in Griechenland, die sich derzeit von den Deutschen bevormundet und in eine Ecke gedrängt fühlen.“
Nach reiflicher Überlegung wagt er doch noch einen Tipp: „Es gibt Verlängerung, die endet 2:1 für Deutschland.“ Sein Vater Demis widerspricht sofort – „Griechenland gewinnt 1:0“, betont der 63-Jährige, seit mehr als 30 Jahren Gastronom in Wattenscheid. Am Freitag läuft im Restaurant der Fernseher in der EM-Ecke mit den zahlreichen Nationalflaggen. Und da dominieren eindeutig die großen Griechenland-Fahnen.
Einige Kilometer weiter, an der Höntroper Straße, liegen zwei griechische Traditions-Küchen gleich gegenüber. Fernseher inklusive. Auch hier – mit einem Tipp halten sich die Gastronomen zurück. Selbst wenn die Kunden dreimal nachfragen. Eiertanz statt Sirtaki.
„Natürlich halte ich zu Griechenland, aber der bessere soll gewinnen“, sagt Dimitrios Geronatsios („Nikos Grill“); vor 30 Jahren hatte sein Vater Nikolaos den Familienbetrieb gegründet. „Falls wir gewinnen sollten, dann werden wir auch Europameister. Wie 2004. Nach dem schlechten Start hat das griechische Team mit Herz und Leidenschaft gespielt. Das könnte dann am Freitag in der Verlängerung den Ausschlag geben“, meint der 38-Jährige. „Es wird schwierig für Griechenland, Deutschland hat ein gutes Team. Mein Herz schlägt für beide Mannschaften“, hält sich auch Antonius Tzioridis vom „Molos Restaurant“ gegenüber mit einem Tipp diplomatisch zurück. Familien-Gastronomie mit Tradition – da hält man, bei allem Patriotismus, irgendwie auch zu den deutschen Fans. Auf ein Ergebnis will der 47-Jährige nicht wetten: „Wer mehr Glück hat, gewinnt.“ Was auch ihm am Herzen liegt: „Ein faires EM-Spiel zwischen Deutschen und Griechen – Sport und Politik muss man trennen, da haben Euro-Emotionen, wie sie derzeit vorherrschen, gar nichts zu suchen. Weder auf dem Fußballplatz noch unter den Fans.“