Wattenscheid. .

Schon die alten Ägypter haben sie hergestellt, Homer erwähnt sie in der Odyssee. Im Mittelalter war sie jedoch zeitweilig verboten. Keine Frage: Die Blutwurst polarisiert, früher genauso wie heute. „Die junge Generation hat generell Probleme mit Innereien. Viele lernen dieses Essen zu Hause nicht mehr kennen, das ist ein Manko“, findet Herbert Müller. Der Traditionsmetzger von der Hochstraße sollte es wissen, nicht umsonst dürfte ihn die „Bruderschaft der Ritter der Blutwurst“ kürzlich mit einem Silbernen Orden für seine „traditionelle“ Grützwurst ausgezeichnet haben.

„Seit langer Zeit haben wir wieder an einem solchen Wettkampf teilgenommen. Ich freue mich natürlich riesig über das Ergebnis“, schildert der Metzgermeister. Und wenn der 59-Jährige von einer „langen Zeit“ spricht, kann man das wörtlich nehmen. Denn die Fleischerei Müller wurde bereits 1919 in Gelsenkirchen gegründet, seit 1924 sitzt der Betrieb an der Hochstraße – im Herzen der Hellwegstadt. Herbert Müller selbst fand sich schon zu Kindertagen in der Küche wieder, Zwiebeln schälen stand ganz oben auf dem Stundenplan, neben Deutsch und Mathe. „Wie das in einem Handwerksbetrieb nun einmal so ist.“ Eigentlich wollte er ja Koch werden, doch 1969 ging Herbert Müller bei seinem Vater in die Lehre. Es folgte sieben Jahre später der Meisterbrief. Kurz darauf übernahm er schon das Unternehmen, dann in dritter Generation mit inzwischen zehn Mitarbeitern.

Damals, zu seiner Anfangszeit, standen Wettbewerbe noch auf der Tagesordnung. „Ich kann mich erinnern, dass wir in Köln, der Hauptstadt des Flöns, bereits Preise abgeräumt haben“, erzählt Müller. Das war in den 70er Jahren, danach ließen die Wurstmacher die eine oder andere Chance verstreichen. „Im Endeffekt entscheidet doch sowieso der Kunde, wie gut die Wurst ist, oder eben nicht.“

Nur die Herausforderung, am „Grand Prix International du Goute Boudin“ teilzunehmen, konnte sich der Wattenscheider Metzger mit seinem Team dann doch nicht nehmen lassen. Dabei werden jährlich die besten Einsendungen prämiert, mit 400 bis 600 Teilnehmern aus ganz Europa gestaltet die französische „Bruderschaft der Ritter der Blutwurst“ diesen weltweit einzigartigen Kampf um die tollste Wurst.

Aber was macht eine gute Blutwurst überhaupt aus? „Es geht um Geschmack, Aussehen und Konsistenz“, erklärt der Fachmann. Eigentliches Kunststück sei es außerdem, die richtige Schärfe zu finden. „Die Gewürze sind entscheidend für den Geschmack, durch das Blut erhält die Wurst ihre einzigartige Charakteristik.“

Spricht der Fleischer über seine Schätze, gerät er fast ins Schwärmen. Dass die Jugend eher verhaltend reagiert, wenn Blutwurst aufgetischt wird, ist für ihn kaum nachvollziehbar. „Blut ist doch etwas Reines. Das hat Qualität“, meint der Spezialist. Hoffnung macht ihm wiederum, dass immer mehr Spitzenköche auf die Traditionsware zurückgreifen: „Es gibt inzwischen schon Gerichte wie Blutwurst-Ravioli“, berichtet Müller aus der Feinkostküche.

Und auf eben diese Art und Weise nimmt die lange Geschichte der Grützwurst vielleicht doch kein Ende. Es bleibt bei zwei.