Wattenscheid. . Der Wattenscheider Peter Nafeld hat sich die seit 1990 geschlossene Germania-Apotheke hergerichtet: als Geschäft für Modelleisenbahnen.
Peter Nafeld (56) steht mitten im altehrwürdigen Eicheninterieur der alten Germania-Apotheke. Auf dem Tresen hat er zwei kleine Ovale aus Schienen verlegt, Spuren Z und N. Darauf fahren Mini-Loks im Kreis.
Wer jetzt an der Hochstraße 54 vorbeiläuft, sieht wieder die ins Fensterglas geschliffene Germania der alten Apotheke. Vier Wochen haben Nafeld und seine Frau die denkmalgeschützte Apotheke, die zweiälteste noch erhaltene in Wattenscheid, aufgeräumt, „Regale abgestaubt, Gläser geputzt. Die Glasinhalte mussten wir entsorgen. Nur die Öle durften bleiben.“ Nafeld öffnet einen der Schränke, ein ätherischer Geruch strömt heraus. Aus einer anderen Klappe holt er ein Mikroskop im Holzkasten. Es trägt den Stempel von Otto Höynck, der die Apotheke von 1888 bis 1925 innehatte.
Die anderen Apothekerschränke und -schubladen beinhalten seine Waren: gebrauchte Modell-Loks, -waggons, Schienen, Signalsysteme, seltene Sonderauflagen. Deswegen hat er die Apotheke aus ihrem gut 21-jährigen Dornröschenschlaf erweckt: Sein blühendes Internetgeschäft „Peters Modellbahnstübchen“, das er seit 2003 betreibt, passte nicht mehr so recht in die Kisten im Dachgeschoss. Es brauchte Stauraum und flexible Ordnung. „Ich habe mir ein paar andere Lokale angeguckt“, erzählt Nafeld, „aber als mein Freund, dem diese Apotheke geerbt hat, sagte: Ich hab’ da was für dich, und mir die Räume zeigte, war meine Entscheidung gefallen.“
Der Wattenscheider Peter Nafeld ist eigentlich studierter Wirtschaftswissenschaftler. Als Selbstständiger hat er lange den Kaufleuten verschiedener Firmen die Buchhaltungsfunktionen der Rundum-Software SAP näher gebracht. Sein Berufsleben ist reich an Anekdoten, „aber ich war auch oft sechs Tage die Woche unterwegs in der ganzen Welt.“ Nicht gut fürs Pflegen von Freundschaften. Jetzt beschickt er von Wattenscheid aus Modellbahnfreunde in aller Welt. „Ungefähr 20 Prozent sind echter Export, gehen also ‘raus aus Europa, nach Australien, Amerika.“ Er kennt dort seine Stammkunden.
Was hier in Laden und Lager steht ist zum großen Teil Gebrauchtware. „Ich bin mit ein paar Herstellern im Gespräch, um deren Neuwaren als Ergänzung anzubieten“, sagt Nafeld. Aber er betont: „Hier gibt es Gebrauchtes und Besonderes, kein Vollsortiment“, damit die Marge stimmt. Angeboten werden Spur Z, und weil diese allein unrentabel wäre, Spur N. „N hat die größte Verbreitung“, zeigt er auf den Internetseiten von Ebay, „für Z werden zur Zeit 9712 Artikel angeboten, für N 49 642.“
Nafeld ist Modellbahn-Liebhaber und Geschäftsmann. Als Kind durfte Nafeld mit Vaters H0 spielen. Als Jugendlicher verkaufte er seine Bahnen zugunsten anderer Interessen. Erst als Student kam er wieder auf Spur: N.
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Mehrere Dutzend Leute sind schon gucken gekommen, seit Nafeld vergangenen Freitag die Rollos der Apotheke hoch- und die Türe aufgemacht hat. Nicht alle wegen der kleinen Eisenbahnen. „Viele kennen die Apotheke noch von früher. Manche haben ganz vorsichtig gefragt: Ich will nur mal gucken. Darf ich trotzdem ‘rein?“ Nafeld lacht und sagt ja. „Wer selbst keine Modelleisenbahn besitzt, kennt vielleicht jemanden, der eine hat.“