Wattenscheid. .

Die Obdachlosigkeit ist in den Städten des Ruhrgebiets zurückgegangen. Hilfs- und Betreuungsangebote sowie preiswerte Wohnungen haben es möglich gemacht. Doch wie stellt sich die Situation vor Ort im Moment dar? Darüber sprach WAZ-Mitarbeiter Christopher Becker mit Sozialarbeiter Arno Mücke vom Mittagstisch für Obdachlose an der Swidbertstraße.

Im Ruhrgebiet gibt es kaum noch Wohnungslosigkeit. Eine zutreffende Beschreibung?

Mücke: Ich teile die Einschätzung, dass Wohnungslosigkeit zum Teil durch überdachte Obdachlosigkeit ersetzt wurde. Das trifft es eher. Die Menschen haben zwar eine Wohnung, aber keine Einrichtung, keinen Strom. Das ist eigentlich unzumutbar. Übrigens reden wir grundsätzlich von Wohnungslosen und gleichzeitig auch von Personen, die akut von Wohnungslosigkeit bedroht sind.

Wie kann man diesem Personenkreis helfen?

Das Betreute Wohnen muss ausgebaut und die Schwellen des Kostenträgers müssen niedriger werden. Die Betroffenen haben meistens schon schlechte Erfahrungen mit bürokratischen Vorgängen gesammelt, und der bürokratische Anspruch ist in der Vergangenheit leider gestiegen. Betreutes Wohnen kann allerdings keine Notübernachtung ersetzen, beides ergänzt sich im Hilfsangebot.

Wie sieht die Situation in der Hellwegstadt aus?

Es gibt in Wattenscheid – meines Wissens – keine Leute, die freiwillig draußen schlafen. Noch haben wir zwei Schlaf- und drei Beratungsstellen im Bochumer Stadtgebiet, die das Restproblem auffangen.

Ein Restproblem stellen für viele auch die Personen dar, die in der Fußgängerzone am August-Bebel-Platz oder am Gertrudiscenter für längere Zeit verweilen. ,Kaufleute stören sich an Trinkern’ titelte die WAZ in der vergangenen Woche. Welchen Hintergrund haben diese Menschen?

Die Wohnungslosigkeit hat sich generell verändert, den traditionellen Berber gibt es tatsächlich nicht mehr, oder ist seltener geworden. Der angesprochene Personenkreis in der Innenstadt ist durchmischt. Darunter sind Wohnungslose, auch Leute, die mit unserer Einrichtung nichts zu tun haben. Ich gehe aber nicht regelmäßig gucken.

Wie häufig gucken denn diese Menschen bei Ihnen vorbei?

Viele von denen, die uns kennen, halten sich im Grunde auch bei uns auf. Was durch den angrenzenden neuen Pausenhof der Hauptschule vielleicht zu Problemen führt, aber wir haben bei uns im Innenhof Efeu gepflanzt und hoffen dadurch, keinen zu stören.

Haben die Obdachlosen, die es nach wie vor gibt, noch eine Chance?

Das lässt sich schwer einschätzen. Grundsätzlich hat jeder eine Chance. Wir haben schon alles erlebt, positive und negative Überraschungen. Unter dem Strich ist es eine individuelle Motivationsfrage, die Hilfsangebote sind aber allen bekannt.