„Schön, dass Bochum mit dem WAT-Kennzeichen etwas Besonderes symbolisch betonen will.“ Das sind die Worte von Prof. Dr. Ralf Bochert. Der Studiendekan der Hochschule Heilbronn, der Tourismusmanagement und Volkswirtschaft lehrt, ist mit seinen wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen derjenige, der die neue Diskussion um die Kennzeichenliberalisierung mit auf den Weg gebracht hat. Bochert machte einen Abstecher nach Wattenscheid. WAZ-Redakteurin Ellen Wiederstein traf Professor Dr. Ralf Bochert im Beckmannshof.
WAZ: Die Wattenscheider hoffen auf ihr neues altes WAT. Wie steht’s darum?
Prof. Ralf Bochert: Da Bochum zugestimmt hat, dem Land NRW das positive Signal gegeben hat, gut. Es fehlt nur noch eine Bundesratsentscheidung, für die vom Bundesverkehrsministerium ein Vorschlag vorgelegt wurde, der das WAT-Kennzeichen ermöglichen würde.
Wie ist die Diskussion in Gang gekommen?
Vor zwei Jahren entstand die Idee an der Hochschule in einem kleinen Forschungsprojekt. Der erste Ansatz waren Landkreiskennungen, die oft irritierend sind, weil sie nicht zum Kreisnamen passen: zum Beispiel hat der Donnersbergkreis in Rheinland-Pfalz das Kennzeichen KIB, das für die Kreisstadt Kirchheimbolanden steht. Das ist zumindest aus Kreismarketingsicht völlig absurd, dieses Symbol – DOB und KIB nebeneinander, das wäre sinniger. Es ging also um die Marketingfunktion der Ortskennung des Kfz-Kennzeichens. Ein Kennzeichen, das war jedenfalls die Annahme, hat auch eine innere Funktion, die etwas mit Identität zu tun hat.
Und wie sind Sie und die Mitarbeiter vorgegangen?
Wir haben uns das Thema vorgenommen und vor Ort Umfragen gestartet, weil wir fanden, dass man die Menschen danach fragen sollte, was sie eigentlich wollen. Die Bürger zahlen ja – zwangsläufig – für ein Kennzeichen etwas. Daher ergibt es auch Sinn, Kennungen anzubieten, die von den Leuten gewollt sind. Natürlich nicht willenlos viele, aber eben doch so, dass nicht einfach grundsätzlich ein Kennzeichen Zwang ist. So haben wir dann in immer mehr Orten das abgefragt, am Ende in 144 Städten über 30 000 Menschen, weil immer mehr Kommunen die Befragungen gern wollten.
Damit haben Sie Aufmerksamkeit erregt, oder?
Ja, schon. Es geht hier zwar nicht um Leben und Tod, aber irgendwie hat das Kfz-Kennzeichen schon eine Art Namensschildfunktion, bei der sich viele gern eine etwas lokalere Zuordnung wünschen. Es ist schön, wenn man merkt, dass Heimat eben doch eine Bedeutung hat.
Also erreichte Ihre Initiative irgendwann die Politik. Die in den Städten, in den Kreisen, in den Ländern. Mittlerweile hat sich auch die Bundesverkehrsministerkonferenz mit dem Thema auseinander gesetzt. Was bedeutet für Sie und Ihre studentischen Mitarbeiter diese Entwicklung?
Was soll ich dazu sagen? Wir haben natürlich am Anfang gedacht, dass wir uns fürchterlich blamieren, wenn wir ein solches, auf den ersten Blick sehr komisches Thema anfangen. Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass Anfang 2012 die Bochumer Oberbürgermeisterin beim NRW-Verkehrsministerium den bürgerfreundlichen Antrag auf Wiedereinführung des WAT-Kennzeichens stellen wird? Und das ist natürlich passiert, weil hier die Bürger diese Entwicklung, die direkt gar nichts mehr mit uns zu tun hat, aufgegriffen haben.
Wie schätzen Sie jetzt die Chancen auf die Wiedereinführung der alten Kennzeichen ein?
Entscheidend wird sein, ob die Länder jetzt den von ihnen angeforderten und vorliegenden Beschlussvorschlag für die Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung akzeptieren und im Bundesrat beschließen oder nicht. Davon wird es abhängen; das NRW-Verkehrsministerium hat ja bereits angekündigt, dass es für den Fall der Öffnung der Regelungen die beantragten Kennzeichen wie das WAT oder auch das jetzt vom Herner Stadtrat beschlossene WAN beim Bund zur Wiedereinführung beantragen wird.
Hätten Sie zu Beginn der Befragung mit solch einer Resonanz gerechnet?
Nein. Ich habe nur gedacht, dass man, wenn man eine Idee hat, die man selbst gut findet und begründen kann, diese auch vertreten muss. Egal, was am Ende passiert.