Die Krähen schrei’n

Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:

Bald wird es schnei’n –

Weh dem, der keine Heimat hat! (Friedrich Nietzsche)

Auch sie, die Wohnungslosen in Wattenscheid, sollen bald keine Heimat mehr haben. Wenn es denn nach der Rotstiftliste der Stadt Bochum geht. Die Notschlafstelle mit ihren zehn Plätzen – plus einem Notbett – soll spätestens 2013 geschlossen werden. „Gerade jetzt im Winter, bei klirrender Kälte und eisigen Temperaturen, ist die Notschlafstelle lebenserhaltend für die Menschen, die auf der Straße leben“, sagt Arno Mücke, Sozialarbeiter und Leiter der Wohnungslosenhilfe an der Swidbertstraße 6. Hier sind auch der Betreute Mittagstisch und die Beratungsstelle für Menschen ohne Obdach angesiedelt. Alles in Trägerschaft des Diakonie-Werks Gelsenkirchen-Wattenscheid und mitfinanziert von der Stadt. Das Gebäude Swidbertstraße gehört der Stadt. Sie verlange auch keine Miete, sondern einen nicht allzu hohen Nebenkostenbeitrag, erklärt Mücke. Ein Drittel des Einkommens von Beratungsstellenleiter Mücke wird ebenfalls von der Stadt getragen. Nun sollen aber 131 000 Euro eingespart werden, die als „Einsparungen“ von Miet- und Investitionskosten deklariert seien. „Mietkosten gibt es halt nicht wirklich. Und Investitionskosten fallen immer an, wenn das Gebäude einen Eigentümer hat.“ Die über 130 000 Euro beträfen vielmehr die Personalkosten für die Nachtwachen in der Notschlafstelle. Wenn überhaupt, meint Mücke, denn bei diesem Posten sei nicht genau ausgeschrieben, wir er zustande komme. „Die Summe ist nirgends richtig aufgeschlüsselt.“

Nun ist bekannt, dass das Gebäude Swidbertstraße recht marode ist, ein Umzug des Betreuten Mittagstisches in die in der Nachbarschaft gelegene Swidbertschule an der Elisabethstraße werde überlegt. Ebenfalls ein Gebäude, das der Stadt Bochum gehört.

Gegen den Umzug sei nichts einzuwenden, so Arno Mücke. Doch müssten auch weiterhin Notschlafplätze in Wattenscheid bereit gehalten und angeboten werden. Nachtwache Angelika Freimann-Guske, die seit Oktober 2001 in der Swidbertstraße arbeitet, kennt sich aus. „Die Leute hier in Wattenscheid gehen nicht nach Bochum in eine Notschlafstelle. Hier fühlen sie sich zugehörig. Überhaupt herrscht in diesem Haus eine sehr familiäre Atmosphäre.“ Was sich natürlich positiv auf die Sozialarbeit auswirke, ergänzt Arno Mücke. Denn Ziel der Beratungstätigkeit sei, die Menschen über kurz oder lang wieder in Wohngruppen zu integrieren, sie quasi von der Straße zu holen.

„Die Übernachtungsplätze werden genutzt und gebraucht“, so Mücke. An der Swidbertstraße gibt es zwei Zimmer mit vier Betten und eines mit zwei Schlafstellen. Sehr positiv sei der Standort und damit die direkte Nachbarschaft zum Martin-Luther-Krankenhaus, mit dem das Diakonie-Werk gut kooperiere. Das Werk und auch Mücke haben gemeinsam einen Aufruf an die Bevölkerung gestartet, sich für den Erhalt der Notschlafplätze, ganz besonders unter www.bochumer-buergerforum.de, stark zu machen.