Wattenscheid.
Wie stellt man sich für gewöhnlich den Phönix aus der Asche vor? Muss man Visionär sein, um selbst, wenn etwas abgebrannt ist, noch den Mut, die Kraft zu haben, gerade aus dem Kaputten etwas Neues zu entwickeln? Ja – muss man: ein X-Visionär.
So wie Omid Pouryousefi, Allrounder, Musiker, Manager – und vor allem Macher des X-Vision-Projektes. Oder wie Johannes Scholz-Wittek, Geschäftsführer der Falken Bochum, die das X-Vision-Projekt tragen. Oder wie Denis Saliov, Profitänzer und Musiker. Und auch wie Beatrice Röglin, Diplom-Sozialarbeiterin bei den Falken und Seele des inzwischen überaus erfolgreichen Jugendkult(ur)projekts. Doch nur alle zusammen können Phönix sein, der sich aus der Asche des Feuers erheben kann. Die Asche, die der Brand am Sonntag im Domizil von X-Vision an der Swidbertstraße 6 hinterlassen hat. Zusammen mit den rund 60 Jugendlichen zwischen 13 und 22 Jahren, die X-Vision nutzen und mittlerweile ausmachen. X-Vision ist eine Talentschmiede mit hohem Lerneffekt – ohne Schulcharakter. Was bald auf den Bühnen im Ruhrgebiet gezeigt wird, spielt sich bereits im roten Backsteinhaus ein.
Mitarbeiter traurig
Jetzt ist die Tür zum Tanzsaal noch von der Polizei verplombt. Der Blick von außen ins völlig ausgebrannte Studio macht traurig. „Es gibt keine Zufälle“, sagt X-Visionär Omid. „Denis und seine Leute waren gerade am Samstag unterwegs, hatten einen Auftritt. Den Großteil des Equipments hatten sie dabei – und in der Nacht auf Sonntag noch nicht wieder in den Raum gebracht.“ Glück im Unglück?!
Doch habe der Brand allen X-Vision-Aktiven einen heftigen Schock versetzt. Die Räume des Tanzstudios sind derzeit unbrauchbar, die Spiegel kaputt, das Trennglas zwischen Mischpult-Raum und Saal zerborsten.
„Wir haben keine Ahnung, wer die Schadensregulierung jetzt übernimmt“, so Omid. Und lacht: „Denn wir haben alles. Bloß kein Geld.“ Aber mit dem Brand komme auch die Zeit für einen Neuanfang, so Omid. „Wir haben jede Menge Pläne für 2012.“ Etwa die Projekte „Dance for Freedom“ oder „Was ist Zukunft?“
Sie haben alles, alles was Idealisten brauchen: „Kopf, Herz und Hand“, sagt Johannes Scholz-Wittek. Sie haben Ideen, Kontakte und sind Treffpunkt für Wattenscheider Jugendliche, die ihre Freizeit mit Tanz, Musik, Videos, Technik und Moderation ausfüllen wollen. Und das auf sehr hohem Niveau. Vor dreieinhalb Jahren – eigentlich mit Blick auf die Kulturhauptstadt 2010 – ist das Projekt an der Swidbertstraße offiziell unter dem Begriff „Zukunftshaus Ruhr 2010“ an den Start gegangen.
Hervorragende Kontakte
Natürlich basierte die Umsetzung auf jahrelangen, gewachsenen Kontakten, etwa zwischen dem aus dem Iran stammenden Omid, der seit vielen Jahren hierzulande bei Plattenfirmen, der Musikschule oder mittlerweile auch Verlagen engagiert tätig war oder ist, und dem Falken-Geschäftsführer Johannes Scholz-Wittek. Sie beide kennen viele Leute, haben hervorragende Drähte. Eine Plattform, auf der ein visionäres Projekt gut zu realisieren ist. Und beide meinen unisono, dass für ein solches Projekt keine Statuten in Marmor gemeißelt sein müssen, sondern Vieles spontan, aus dem Moment heraus entsteht. An die Wand zum Tanzsaal geheftet, der jetzt noch nicht betreten werden darf, bis die polizeilichen Ermittlungen beendet sind, steht auf einem Plakat zu lesen: „Ich halte meine Wünsche für Realität, denn ich glaube an die Realität der Wünsche.“
Omid Pouryousefi kommt es spontan in den Sinn, „ein Benefizkonzert aufzuziehen, damit wir den durch den Brand entstandenen Schaden beheben und bezahlen können.“ Vielleicht im Schauspielhaus oder warum nicht in der Wattenscheider Stadthalle?!
Regelmäßig sind X-Vision-Performances auf der Bühne der Kammerspiele zu sehen. Drei Alben, über 20 Videoclips, 100 Auftritte bundesweit verbucht X-Vision. Die Gagen fließen jeweils zurück in das Projekt. Wer mehr über X-Vision wissen oder mitmachen will, schaut nach im Internet unter: www.xvisionruhr.de