Wattenscheid. .

Das Fair-Trade-Siegel zeigt seit 20 Jahren auf verschiedenen Produkten an, dass bei deren Herstellung auf soziale Faktoren geachtet wurde. In diesem Jahr feiert das Logo und die Aktion runden Geburtstag, doch ein Grund zur Freude ist das nicht unbedingt. „Das Siegel ist zur Orientierung zwar wichtig, doch oftmals schmücken Discounter damit nur wenige Produkte. 99 Prozent der Gesamtwaren sind weiterhin unfair gehandelt“, erklärt Gabriele Rebbe vom Weltladen in der Friedenskirche die Problematik.

An der Hochstraße sei das anders. Weitaus älter als die jubilierende Fair-Trade-Marke ist die Bewegung, auf die das Engagement im Gotteshaus zurückgeht. „Im Grunde hat alles mit den 68ern begonnen. Zwar hat der Kaffee aus Nicaragua nicht geschmeckt, aber der wurde aus Prinzip getrunken“, erinnert sich Weltladen-Mitgestalter Klaus-Jürgen Franke. Damals seien weitere Lebensmittel über Missionare nach Deutschland gekommen, die Kirche organisierte das Verfahren später mit dem Label „Gepa“. Noch heute arbeitet die Wattenscheider Gruppe mit dem Importeur zusammen – und das seit über zwanzig Jahren. „Daneben kooperieren wir mit ,El Puente’ sowie ,DWP’ und brauchen kein zusätzliches Siegel, das eher für den Einzelhandel bestimmt ist. Alle Waren sind bei uns garantiert fair gehandelt; nicht nur Ausnahmen“, schildern Rebbe und Franke.

Für die Gewähr des Handels auf Augenhöhe mit den Partnern in den „Ländern des Südens“ sorgen dabei drei Säulen. Zum einen garantiert die Weltladenbewegung existenzsichernde Mindestpreise, direkten Handel mit langfristigen Lieferverträgen, bei Bedarf eine Vorfinanzierung der Ernte sowie Transparenz in der Organisation. Zum anderen werden auf sozialer Ebene Projekte in den Herkunftsländern unterstützt, dazu gehören das Verbot von Kinderarbeit und die Prämierung von Bauern, die zum Beispiel Schulen vor Ort fördern. Wichtig ist inzwischen außerdem der ökologische Faktor, wonach biologisch, ungespritzt angebaut werden soll. „Das ist kein Luxusproblem, sondern hat Hand und Fuß. Denn einerseits tragen die Bauern beim Spritzen keine Schutzanzüge, andererseits fließen die Schadstoffe sonst ungehindert in die Flüsse. Viele leben aber von der Fischerei; ohne Umweltschutz brechen Lebensgrundlagen weg.“

Umstände, die ein Bewusstsein für das Einkaufen in Deutschland schaffen sollten. Tun sie aber nicht, zeigt Gabriele Rebbe verärgert auf das Bochumer Rathaus. „Bei der Stadtverwaltung muss eigentlich das gesamte Beschaffungswesen auf den Prüfstand gestellt werden. Politisch sind die Weichen für die Auszeichnung ,Fair-Trade-Town’ gestellt, doch es bleibt alles sehr indifferent.“

Daher wollen Rebbe und Franke auch 2012 mit ihren Mitstreitern einiges bewegen, um Aufmerksamkeit auf den Weltladen zu lenken. „Wir planen Aktionen wie die faire Orgelvesper und die faire Woche, aber auch mit der Stadtverwaltung, damit endlich Nachhaltigkeit entsteht.“ Besonderes Highlight: Ein Projekt mit einer Schulklasse, abgerundet durch eine Ausstellung oder eine Präsentation – je nach Sponsorenlage.

Und irgendwann soll der faire Gedanke soweit verankert sein, dass ein Wunsch von Rebbe und Franke in Erfüllung geht. „Ausschließlich faire Handelsbeziehungen sind unsere Vision. Damit unser Weltladen überflüssig wird.“