Wattenscheid. .

Gedanklich am Volkstrauertag in dunkler Vergangenheit vertieft, zeigte sich das Wetter zur Mittagszeit über dem Wattenscheider Ehrenmal entsprechend. Der Nebel verzog sich erst langsam, in nasskalter Atmosphäre kehrten die Besucher am Sonntag in der Krypta am Bußmanns Weg ein.

Dort begrüßte Wolfgang Schick als stellvertretender Bezirksbürgermeister zunächst die Gäste, bevor die Konfirmanden der Evangelischen Kirchengemeinde Höntrop die Gestaltung der Gedenkveranstaltung übernahmen. „Wir können’s ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben“, lautete das Motto; bereits im Vorfeld hatten die Jugendlichen die Krypta auf den Volkstrauertag vorbereitet. So hingen die Bilder „geschundener Städte“ an den steinernen Wänden, die Akteure zentrierten sich in der Mitte des Raumes und erzählten zu jedem einzelnen Ort die Geschichte nach. Sie erinnerten an die eingekesselten Fallschirmjäger der Alliierten in Arnheim, an die von der SS ermordeten Einwohner der französischen Stadt Oradour sur Glane, an die Luftangriffe auf Dresden, an den Atombombenabwurf über Hiroshima sowie den 11. September in New York.

Beeindruckend die dazu vorgetragenen Klagen der Jugendlichen, die sich dadurch in die Situation der Menschen in den betroffenen Städten hineinversetzt haben. Unterbrochen durch Glockenschläge und das Entzünden einer Kerze an den jeweiligen Fotos, zogen sie die Besucher mit in ihre Gedanken ein. Verbunden mit der Hoffnung, Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. „Aus der Trauer entspringt die Verarbeitung und wächst die Bereitschaft, sich aktiv für Frieden und Versöhnung einzusetzen“, brachte es Pfarrer Holger Dirks in seiner Rede auf den Punkt.

Ganz so, wie es die Menschen der englischen Stadt Coventry nach den deutschen Bombenangriffen im 2. Weltkrieg geschafft hätten. Inmitten der Wattenscheider Krypta stand gestern ein Kreuz, dem Nagelkreuz nachempfunden, das nach der Zerstörung der Kathedrale von Coventry aus dort gefundenen Zimmermannsnägeln zusammengefügt wurde. „Wir versuchen, alle Gedanken an Vergeltung zu verbannen“, formulierte es zu jener Zeit der englische Propst Richard Howard. Die aus diesem Sinne heraus entstandene „Nagelkreuzgemeinschaft“ floss in die weitere Betrachtung der Höntroper Konfirmanden ein.

Mit diesem Hintergrund rief Wolfgang Schick nach der Kranzniederlegung zu mehr Zivilcourage auf. Gerade in Anbetracht des Vergessens und des Aufkeimens rechtsradikaler Tendenzen kennzeichnete er den Volkstrauertag als aktueller denn je: „Es geht um die Achtung der Toten und darum, Lehren aus der Geschichte zu ziehen.“ Die Trauer als Grundlage der Verarbeitung, sei schlichtweg „universal“.