Bei einem der Treffen, da fing eine der betagten Damen auf einmal an, ein altes Volkslied zu singen und die anderen Besucher stimmten ein – eines der Highlights im Demenzcafé „Morgenrot“ der Diakoniestation des Martin-Luther-Krankenhauses (MLK).

„Da ist unglaublich viel Eigendynamik in der Gruppe“, freut sich der Leiter der Diakoniestation, Matthias Sombold. Sechs alte Menschen, die an Demenz erkrankt sind, treffen sich dort seit einem guten Monat immer mittwochs: Zum gemütlichen Plausch bei einem Kaffee oder Tee und zum Mittagessen. „Wir hätten sogar zweihundert Patienten in dem Pool, den wir betreuen“, nennt Sombold den großen Bedarf. Deshalb gebe es bereits eine Warteliste.

Ziel des Betreuungsangebots im „Café Morgenrot“ ist es nicht nur, ein Treffpunkt für Menschen zu sein, die aufgrund ihrer Erkrankung kaum noch vor die Tür kommen. Auch pflegende Angehörige sollen entlastet werden, eine Atempause erhalten oder sich mit anderen Betroffenen austauschen können. „Sie sollen mal vier Stunden Ruhe haben – ohne Angst, dass etwas passiert“, sagt Matthias Sombold, der weiß, dass die Betreuung eines Demenzkranken ein nervenaufreibender Fulltime-Job ist.

Schon lange hat der Pflegedienstleiter der Diakoniestation die Idee zu einem Demenzcafé mit sich herum getragen. „Aber in unseren alten Räumen im Dachgeschoss des Krankenhauses war dafür kein Platz.“ Seit Februar diesen Jahres logiert die Diakoniestation nun in einem eigenen Gebäude an der Voedestraße 77 und konnte das Angebot für Demenzkranke endlich verwirklichen.

„Demenz und Alzheimer sind in unserer immer älter werdenden Gesellschaft eine große Herausforderung“, sagt Sombold. „Trotz zunehmendem Kostendruck der Kranken- und Pflegekassen ist es mir ein Anliegen, die Menschlichkeit nicht aus den Augen zu verlieren.“ Die Patienten im Café Morgenrot, erzählt er, genießen es nicht nur, zu Hause abgeholt und in der Diakoniestation ihr Mittagessen zu bekommen, sondern auch die Rituale, die schon längst vergessen waren – wie ein gemeinsames Essen oder eine Unterhaltung mit jemandem vom anderen Geschlecht. „Wir haben sogar schon eine kleine Liaison hier laufen“, sagt Sombold mit einem Augenzwinkern.

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Betreut werden die Café-Besucher von einer Familienpflegerin, einer Hauswirtschaftskraft und einer Sozialpädagogin. Die Kosten: zehn Euro pro Stunde, die als zusätzliche Betreuungsleistung von den Krankenkassen bis zu einer Grenze von 200 Euro im Monat übernommen werden. „Darin sind auch das Abholen und Nach-Hause-Bringen enthalten.“ Neben Gedächtnistraining, gemeinsamem Singen, Musik hören oder Erinnerungsübungen stehen im Demenzcafé auch Spaziergänge oder Ausflüge in den Park oder ins Konzert auf dem Programm. „Es ist alles drin: von hier sitzen und sich unterhalten bis hin zum Kurzurlaub“, sagt Matthias Sombold. Wichtig sei es dabei ja auch, „bei den alten Menschen wieder Emotionen hervorzuholen“.