Wattenscheid. .
Das Symbol scheint an Kraft verloren zu haben. Der schwere Mottek mit einem christlichen Kreuz ist das Zeichen der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Das Symbol schmückt auch die Publikation der Pfarrgemeinde Herz Mariä Wattenscheid-Günnigfeld aus dem Jahre 1986. Deren KAB wurde damals stolze 100 Jahre alt. Aber die Tradition verblasst.
Denn die Mitgliederzahlen sinken. Das ist auch in Günnigfeld nicht anders, berichten Joseph Lenz (74) und Hans-Dieter Bisplinghoff (70). Der eine kennt sich exzellent in der KAB-Historie aus, war Tischler und ist bekennender Günnigfelder. Der andere war tätig bei der RAG und ist Vorsitzender des KAB-Stadtverbandes. Den gibt es seit dem Jahr 2000 – aber nicht mehr lange. „Wir bekommen keinen fünfköpfigen Vorstand mehr zusammen“, sagt der 70-Jährige. Somit folgt Mitte März der Zusammenschluss mit dem Nachbarn zum Stadtverband „Bochum und Wattenscheid“. Vorreiter bei dieser neuen Namensgebung waren bereits das Stadtdekanat und der Caritasverband. Wattenscheid wird in dem neuen Arbeitergremium etwa 500 Mitglieder einbringen, Bochum um die 1700.
„Wir“, sagen die beiden Günnigfelder hörbar stolz, „waren damals nach Joseph die stärkste Gruppe, aber heute haben sich Nikolaus, Marien und Maria Magdalena zu einer Gruppe zusammen schließen müssen und selbst die Propstei haben keine KAB mehr.“
Zurück zu damals. Im April 1868 gründeten katholische und evangelische Männer den „Christlich-Sozialen Arbeiterverein Günnigfeld“, heißt es in der KAB-Chronik. „Ziel und Aufgabe dieses Vereins war es, durch eine Sterbekasse, durch Krankenhilfe und Rechtsschutz die Mitglieder in Notzeiten zu unterstützen. Zehn Jahre hindurch wurden die anstehenden Probleme gemeinsam gemeistert. Am 6. September 1896 nahm der Verein, der nunmehr nur noch aus katholischen Mitgliedern bestand, den Namen „St. Josef-Arbeiter-Verein Günnigfeld“ an.“
Größter Männerverein im Bistum Paderborn
Der Gang durch die Geschichte ist wechselhaft. Erster Weltkrieg, große Arbeitslosigkeit im Jahr 1931, im Mai des selben Jahres schloss die Zeche Hannover. Die Nazis verboten 1935 die katholischen Arbeitervereine, der Josefsverein machte trotzdem weiter. Zweiter Weltkrieg, Kapitulation und Wiederaufbau. „Besonderen Aufschwung nahm der Männerverein St. Josef, der nunmehr der Kath. Arbeitnehmer-Bewegung KAB angeschlossen war. 1950 konnte er schon 270 Mitglieder aufweisen und wurde später prozentual der größte Männerverein im Bistum Paderborn.“ Die Chronik nennt weitere Details wie Ferienfahrten und die Sommerfreizeiten auf Ameland.
Letztere sind geblieben – und die gute Zusammenarbeit mit der Evangelischen Arbeiterbewegung (EAB), wie Lenz und Bisplinghoff einmütig beteuern. „Unser Gemeindeleben in Günnigfeld ist immer noch aktiv.“ Und der soziale Auftrag gilt nach wie vor: „Wir unterstützen Langzeitarbeitslose, kümmern uns um die, die ungerecht behandelt worden sind und fragen nach Ausbildungsplätzen“, verdeutlicht Hans-Dieter Bisplinghoff.
Historiker Josef Lenz hat die Geschichte „seiner“ KAB fein säuberlich in Ordner geheftet, „die Reihe ist gut einen Meter lang“. Ob er seiner Berichterstatter-Tradition auch nach dem Zusammenschluss treu bleibt, hat er nicht gesagt.