Der Bagger frisst sich drei Häuser weiter durchs Erdreich. Dennoch vibriert in der Wohnung von Frank Bungert und Rosemarie Semder an der Hansastraße 68 der Fußboden, klirren die Gläser im Schrank. „Das ist noch gar nichts”, winkt Rosemarie Semder ab.
„Als die mit der Rüttelmaschine direkt vorm Haus gearbeitet haben, ist in der Wohnung unten der Putz aus den Fugen gekrümelt.”
Damals, vermutet die Wattenscheiderin, sei wohl zum zweiten Mal eines der Abwasserrohre unter dem Gehsteig gebrochen, in das die Regenrinnen münden. „Jedenfalls hatten wir wieder einen feuchten Keller – und im Haus nebenan stand das Wasser sogar zwanzig Zentimeter hoch.”
Bereits im Herbst vergangenen Jahres, als die Bauarbeiten an der Hansastraße gerade begonnen hatten, gab's im Haus Nummer 68 den ersten Wassereinbruch. „Wir haben uns bei der Stadt beschwert. Da kam schließlich jemand raus – und sagte: Da haben wir nichts mit zu tun.” Aus Kulanz hätte die Baufirma den Schaden behoben, erzählt Rosemarie Semder. „Ich habe damals schon gesagt: Wenn hier wieder ein Bagger drüber fährt, geht das nächste Rohr kaputt.”
An Zufälle glaubt auch Kurt Jansen nicht: Der Besitzer des Nebenhauses ist stinksauer auf die Stadt. „Wir haben nie auch nur einen Tropfen Wasser im Keller gehabt – und jetzt will man uns weiß machen, die Bauarbeiten hätten nichts damit zu tun!” Zwei Stunden haben er und seine Frau das Wasser aus dem Keller geschippt. „Und die Reaktion der Stadt war total arrogant”, klagt Gisela Jansen.
Bei der Stadt selbst weist man jede Verantwortung weit von sich. „Die Hausbesitzer können sich bei Schäden ans Tiefbauamt wenden, das die ausführende Fachfirma benennt”, erklärt Stadtsprecherin Tanja Wißing. „Diese ist Ansprechpartner für Haftungsfragen – nicht die Stadt.”
Im konkreten Fall habe man aber bereits alles begutachtet und festgestellt, dass die Schäden an den Rohren kein Resultat der Bauarbeiten seien. Wißing: „Die Rohre sind nicht fachgerecht verlegt und überaltert, sie verlaufen nicht im richtigen Gefälle, und die Muffen sind aus Keramik und sehr alt.” Ursache für die feuchten Keller sei die fehlende Abdichtung der Außenwand: „Bislang waren Gehweg und Straße versiegelt, so dass dieser Mangel nicht zum Wassereintritt führte. Nun gelangt das Wasser übers Erdreich durch die nicht isolierte Wand.” Das sei kein Fehler der Baufirma, denn Isolierung sei Sache des Hausbesitzers. „Unterm Strich heißt das also: Der Hauseigentümer ist in der Pflicht”, resümiert die Stadtsprecherin.
„Die Art und Weise, wie wir hier behandelt werden, ist unter jedem Niveau”, schimpft Frank Bungert. „Da wird gesagt, die Hauswände seien nicht isoliert – aber das sind sie schon seit 1928 nicht. Und dass Tonrohre brechen, wenn ein tonnenschwerer Bagger drüberfährt, das ist doch klar!” Bungert jedenfalls sieht es nicht ein, „auf eigene Kosten einen Gutachter zu bestellen, nachdem die Baufirmen hier fahrlässig alles kaputt gemacht haben”. Seine Frau ergänzt: „Wenn ich etwas kaputt mache, muss ich doch auch dafür gerade stehen.”
Und Nachbar Kurt Jansen versteht die Welt nicht mehr: „Ich habe die Arbeiter sogar vorab darauf hingewiesen, dass dort die Rohre liegen.” Er jedenfalls wisse nicht mehr, was er machen solle. „Am besten, ich schneide die Regenrohre durch und lasse das Wasser direkt auf den Bürgersteig laufen”, sagt er resigniert.