Wattenscheid. .
Als sie sechs Jahre alt war, bakem Gillian Nickel ein Pony geschenkt. Heute arbeitet die 23-Jährige als Pferdeflüsterin. „Natural Horsemanship“ nennt sich das, was die Wattenscheiderin praktiziert.
„Etwas mit Menschen und Pferden“ – das hat Gillian Nickel schon mit zehn Jahren als Berufswunsch in Freundschaftsbücher geschrieben. Kein Wunder: Bereits mit sechs bekam sie ein „möhrenfressendes Geburtstagsgeschenk mit vier Hufen“. Pony „Piefke“ ist heute mit 18 Jahren bereits ein älterer Herr – und Gillian Nickel hat ihren Wunsch verwirklicht: Sie arbeitet als Pferdeflüsterin.
Gleich vorab: Mit „Flüstern“ hat es nichts zu tun, wenn die 23-jährige Wattenscheiderin die Pferdesprache spricht. Eher mit Körpersprache und Psychologie oder, wie es Gillian Nickel formuliert, mit „feiner Kommunikation“ und einer spielerischen Herangehensweise. „Es gibt unglaublich viele Menschen, die Probleme haben, ihr Pferd von A nach B zu führen – weil sie nicht zuhören und nicht mitkriegen, was das Pferd ihnen mitteilt“, hat sie festgestellt.
Dabei benötige man nicht mehr Kraft, als eine Fliege ausübt, wenn sie das Tier berührt: „Keine Sporen und keine Gerte. Sobald man gelernt hat, die Sprache des Pferdes zu sprechen, merkt es das ganz schnell und bekommt Respekt.“ Respekt allein, sagt Gillian Nickel, reiche aber nicht: „Wenn ich dazu noch die Liebe meines Pferdes habe, ist es viel besser – denn Respekt ohne Liebe bedeutet Angst, und Liebe ohne Respekt hat etwas von Ausbeutung.“ Die dritte Komponente sei die Kontrolle der eigenen Emotionen: „Man muss lernen, für sich selbst gelassener zu werden.“
„Natural Horsemanship“ nennt sich das, was Gillian Nickel – ähnlich wie Robert Redford als Pferdeflüsterer im gleichnamigen Film – praktiziert. „Ich habe das 2004 auf einer Messe gesehen und war total fasziniert“, erzählt die Wattenscheiderin. Also belegte sie einen entsprechenden Kurs. „Erst habe ich gedacht, ich schaffe das nie, aber bald hatte ich schon enorme Fortschritte gemacht.“ Weitere Praktika in „Natural Horsemanship“ folgten.
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Nach ihrem Abitur wollte die Waldorfschülerin zunächst eine Ausbildung zur Hufschmiedin machen. „Aber mir ist klar geworden, dass ich die Pferdehaltung, die ich da den ganze Tag erlebt habe, nicht mit ansehen wollte“, sagt sie bestimmt. „Man kann ein Pferd nicht dreiundzwanzig Stunden am Tag in einer Box halten, das ist nicht artgerecht.“
Also schrieb Gillian Nickel sich am letzten Tag der Einschreibefrist an der Ruhruni für Biologie und Erziehungswissenschaften ein. „In Biologie legte ich meine Schwerpunkte auf Anatomie und Physiologie, in der Erziehungswissenschaft auf Erwachsenenbildung.“ Nach ihrem Bachelor-Abschluss sich die 23-Jährige selbstständig gemacht. „Jetzt ziehe ich durch die Lande und gebe Unterricht für Leute, die Schwierigkeiten mit ihrem Pferd haben“, sagt sie und lacht. „Dadurch, dass ich die Pferdesprache verstehe, kann ich ein Pferd auch dazu bringen, im Galopp in den ungeliebten Anhänger zu gehen.“
Die Beherrschung der Pferdesprache allein reiche aber nicht: „Manchmal muss man sich auch durchsetzen. Partnerschaft ist okay – aber bitte 49 zu 51 Prozent“, sagt sie mit einem Blick auf Pony Piefke. „Und die 51 sind, bitteschön, auf meiner Seite. Denn Pferde sind Herdentiere und wollen in einer Hierarchie leben.“
Info: www.pferdevertrauen.de