Wattenscheid/Sapporo.

. Eigentlich wollte ich etwas über einen typischen Arbeitstag schreiben, doch in Wirklichkeit gibt es sowas nicht in meiner Einsatzstelle.

Im „Jumplet’s“, einer Einrichtung für behinderte Menschen, ist jeder Tag anders, da ich immer mit anderen „Usern“ (den Betreuten) zu tun habe. Zuerst treffen sich alle zu einem „Meeting“, und die Betreuer erläutern den „Usern“, was auf dem Programm steht. So werden sie mit einbezogen.

Meine Lieblingstätigkeit mit der Gruppe ist „Yakyu“ (Baseball). Doch bevor es losgehen kann, gibt es in der Haupthalle erstmal das sogenannte „Taisho“(Radio-Gymnastik). Ja, die Japaner stehen auf Drill, und so werden bei Musik und mechanischem Gezähle (Ichi-Ni-San-Shi—Go-Roku-shichi-hachi—ichi... 1-2-3-4—5-6-7-8 usw.) die Gymnastikübungen der Betreuer ausgeführt. Das sieht relativ lustig aus, da jeder so gut mitmacht wie er kann, aber nicht jeder kann auch wirklich...

Baseball statt Fußball

Beim Softball sieht man wie gerne die Japaner Baseball haben. So wie in Wattenscheid wahrscheinlich jeder Junge schon einmal davon geträumt hat, Profi-Fußballer zu werden, hat Baseball denselben Status in Japan. Und so machen sich die „User“ mit großem Engagement daran zu spielen.

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Von DerWesten

Zu Beginn und Ende jeder Einheit, kommt wieder der japanische Drill zum Einsatz. „Kyotskep“ (So etwas wie „Achtung“ oder „Stillgestanden“), und alle stehen gerade, die Hände auf den Beinen. Zusammen bekundet man dann, dass es losgeht/aufhört mit einem kräftigen „Hajimemasu/Owarimasu“ („Lasst uns anfangen/aufhören“) und einer Verbeugung.

AJannick Holze. Foto: Olaf Ziegler / WAZ FotoPool
AJannick Holze. Foto: Olaf Ziegler / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool / Olaf Ziegler

Nachmittags betreue ich auch Kinder im „Jumplet’s“. Die sind wirklich total „Kawaii“ (süß), und mir macht die Arbeit richtig Spaß, es sei denn, sie kommen mal wieder auf die Idee, wie deutsches Fleisch wohl schmeckt und beißen mich herzhaft... Doch genauso herzlich schmiegen sie sich auch an und spielen mit mir.

Am Ende des Tages bin ich dann doch erschöpfter als gedacht. Das Schwere an der Arbeit mit Behinderten ist das Eingehen auf die Person und das Überwinden der „Ticks“, die diejenige Person hat. Einen Tag über habe ich ein Kind eine Stunde lang fest an mich gedrückt, damit es sich und andere nicht verletzt. Es war beim Spielen hingefallen, und danach kriegt es wohl diese „Anfälle“.

Am Feierabend bringe ich die letzten Kraftreserven auf, um das Wochenende über etwas Ordentliches zu machen. So plane ich das Wochenende in Sapporo zu verbringen. Gesagt, getan, und verabredet mit einem Freund, der auch seinen Zivildienst in Japan macht.

Wir erkunden die Stadt und treffen auf eine kleine Lokalkette namens „Sapporo-Prost“. Wir staunen nicht schlecht, als ich zwei Japaner mit zwei Maß Paulaner die Kasse verlassen sehe. Aha, das bedeutet es also, dass München die Partnerstadt von Sapporo ist. Wir gönnen uns jedoch lieber „Yakitori“ (Hähnchenspieße). Ich habe mal gehört, dass die Japaner extra deutsche Braumeister eingeflogen haben, um ihr Bier einigermaßen schmackhaft hinzubekommen. Im Vergleich zum Fiege-Pils kann es bei meinem Geschmack aber nicht mithalten, doch meinen Respekt hat die Stadt, ein für japanische Verhältnisse leckeres Bier zu produzieren. Von einem japanischen Studenten erfahre ich, dass Sapporo den höchsten Alkoholkonsum hat, und die Leute aus Sapporo die Tokioter Landesgenossen an Trinkfestigkeit um einiges überbieten.