Wattenscheid. .

Er hat selbst einen Migrations-Hintergrund, ist SPD-Mitglied und sitzt für seine Partei im NRW-Landtag. Und Serdar Yüksel ist deutlich anzumerken, wie sehr ihn die Äußerungen Thilo Sarrazins zur mangelnden Integration von Muslimen auf die Palme bringen.

„Ich habe mir das Buch nicht gekauft, weil es keine Grundlage bietet, um bestehende Probleme aufzuarbeiten“, erklärt Yüksel. „Bekannt waren die Probleme – zum Beispiel dass Migrantenkinder zu oft ohne Schulabschluss bleiben – schon lange. Dass Sarrazin jetzt die Gene dafür verantwortlich macht, geht in die Rassenideologie der 30er Jahre. Damit hat er sich endgültig disqualifiziert.“

Mangelnde Integration, davon ist Yüksel überzeugt, sei nicht allein den Migranten anzulasten. „Wir haben bis Ende der neunziger Jahre gesagt, Deutschland ist kein Einwanderungsland, obwohl hier bereits die dritte Generation lebte.“ Migranten seien stets als Gastarbeiter bezeichnet worden. „Damit hat man ihnen nicht das Gefühl gegeben, dass sie auf Dauer hier erwünscht sind.“

Nach Yüksels Ansicht verlaufe eine Grenze nicht zwischen Ausländern und Deutschen, sondern zwischen Arm und Reich. Der Schlüssel sei Bildung – und die SPD stehe für Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und den Aufstieg durch Bildung. „Deshalb passt das, was Sarrazin sagt, nicht in die SPD.“

Sicherlich gebe es eine Bringschuld der Migranten, erklärt Yüksel: „Sie müssen alle Anstrengungen unternehmen, sich zu integrieren, die Sprache zu erlernen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Das ist keine Einbahnstraße, sondern ein wechselseitiger Prozess zwischen Migranten und Gesellschaft.“

Jedem sollte überdies klar sein, „dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung unsere Grundlage ist – das muss allen klar sein, die hier leben wollen“. Die Muslime an sich, betont Yüksel, gebe es aber gar nicht: „Aleviten sind meist gut integriert.“ Man müsse sich fragen, warum es in der islamischen Szene eine Radikalisierung gebe. „Man muss nach Ursachen fragen, warum diese Leute sich hier nicht zugehörig fühlen.“

Zum eingeleiteten Parteiausschlussverfahren gegen Sarrazin hat Yüksel eine zwiespältige Meinung. „Bis zu seinem Buch habe ich gesagt, ich bin keiner, der sowas befürwortet, weil eine Volkspartei wie die SPD konträre Meinungen aushalten muss. Nur: Wenn jemand mit Rassenideologie kommt, muss er sich selbst fragen, ob er sich einer Partei, die andere Werte lebt, noch zugehörig fühlt.“ Ein Parteiausschluss sollte die ultima ratio sein. Letztlich seien Sarrazins Äußerungen gelungene PR – sein Buch stehe schon jetzt auf Platz eins der Bestsellerliste. „Mein Wunsch an ihn wäre, dass er das Geld, das er damit verdient, zur Verfügung stellt, damit Integration besser gelingt.“