Wattenscheid. .

Nach dreimonatiger Bauzeit war das Wattenscheider Autokino 1967 an der B1-Auffahrt Hermannstraße auf dem Gelände des ehemaligen Gutes Sevinghausen an der heutigen Metternichstraße eröffnet worden.

Neben den herkömmlich überdachten Kinos Alhambra, Apollo, Camera, Capitol, Gloria Lichtspiele in Günnigfeld, Lichtburg und Schauburg stellte das Autokino für Jung und Alt einen magischen Anziehungspunkt dar. Betrieben von der Ufa-Theater-AG, die rund 100 Lichtspielhäuser im gesamten Bundesgebiet unterhielt, bot das rund 50 000 qm große Gelände Platz für 1000 Autologen. „Die Zahl der Pkw bei einer ausverkauften Vorstellung würde eine fünf Kilometer lange Autoschlange ergeben“, prunkte der 27-jährige Theaterleiter Heinz Ribbekamp.

„Rocky“ boxt vor ausverkauftem Haus

Die rund 23 Meter hohe, 80° geneigte Leinwand bestehend aus 75 Tonnen Stahl und Aluminium mit einer Projektionsfläche von 15 x 36 Metern bot 1500 Cineasten bei vollem Haus die neuesten Filme dar. Im Sommer 1977 liefen bei dem „Internationalen Farbfilm-Festival“ Streifen wie „Der Schläfer“ mit Woody Allen und „Rocky“ mit Sylvester Stallone. Das herkömmliche Programm im August 1977 zeigte neben aktuellen und älteren Filmen wie „Denn sie wissen nicht was sie tun“ mit James Dean und „Spiel mir das Lied vom Tod“ die so genannten „Hauruck“-Filme mit Bud Spencer und Terence Hill und den elften Teil des lüsternen „Hausmädchen-Reports“. „Derzeit sind solche Filme wegen des Jugendschutzes aber nur um Mitternacht von Freitag bis Sonntag zu sehen. Trotz dieser späten Stunde erweisen sich solche Filme als Kassenmagneten. Die letzten drei Vorstellungen waren allesamt ausverkauft“, freute sich Ribbekamp.

Programm für Familien mit Kindern

Für Familien mit Kindern wurden besonders in den Ferien Disney-Zeichentrickfilme gezeigt, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Dennoch konnte der Theaterleiter die Auswahl der Filme nicht selber bestimmen, da das Programm für Autokinos von der Ufa festgelegt wurde und die riesigen Filmrollen von den Verleihen für jeweils drei Tage angeliefert und danach wieder abgeholt wurden.

#Eins von zahlreichen Kinos: Die Schauburg.
#Eins von zahlreichen Kinos: Die Schauburg.

Abends ab 21.30 Uhr begann sich der Kinoplatz langsam mit Autos zu füllen, bevor um 22 Uhr die Abendvorstellung begann. Das Prozedere bei der Einfahrt bis hin zur Autologe unterlag einer strengen Ordnung, schließlich galt es auch auf dem Kinoplatz Verkehrs- und Verhaltensregeln einzuhalten. „Nach Zahlung des Eintrittsgeldes von 5,50 DM dürfen die Autobesitzer nebst Begleitung an die Torsäule mit Lautsprecher fahren, die wir täglich warten. Bei kühler Witterung ist für jedes Auto ein Heizlüfter inbegriffen. Jeder stellt sich dahin wo Platz ist. Die Zeit bis zum Filmbeginn können sich die Besucher mit einem Hamburger und einer Cola aus der Restauration vertreiben. Ganz nach amerikanischem Vorbild, den so genannten ,Drive-ins’. Während der Vorstellung rollt dann der Servicewagen an den Autos vorbei, um Nachschub an Getränken und Sandwiches zu liefern. So können die Besucher den Film ohne Raschelgeräusche ungestört genießen“, schildert der Theaterleiter und berichtet, dass er mehrmals täglich Rundgänge mit seinen beiden Schäferhunden machen muss, um ungebetene Zaungäste abzuschrecken, die einen nicht unerheblichen Schaden an den Zäunen anrichten.

Mitte der 80er Jahre wurde das Autokino in Wattenscheid geschlossen. Seine glorreichen Zeiten waren vorüber, das Pantoffelkino hatte gesiegt.