Wattenscheid. .

Um Stürzen der Heimbewohner – mit teilweise schlimmen Folgen wie Hüftgelenksfrakturen – vorzubeugen, setzt das Alten- und Pflegeheim St. Elisabeth von Thüringen auf Reha-Sport für die Senioren.

Wenn Kraft und Koordination im Alter nachlassen, ist ein Sturz schnell passiert. Und die Folgen betreffen nicht nur den Körper: Hat sich ein älterer Mensch dabei einmal verletzt, traut er sich oft nicht mehr so viel zu. Doch wer sich wenig bewegt, baut Muskulatur ab und erhöht so wiederum sein Verletzungsrisiko. Diesen Teufelskreis will das Alten- und Pflegeheim St. Elisabeth von Thüringen durchbrechen: durch Reha-Sport.

Immer montags treffen sich rund 15 Bewohnerinnen und Bewohner des Heims an der Berliner Straße zum kostenlosen Muskelaufbau-, Kraftausdauer- und Konditionstraining. Einfachste Übungen sind es, die die Senioren – einige von ihnen im Rollstuhl – unter Anleitung von Reha-Sport-Trainerin Rabea Iven im Sitzen durchführen: auf der Stelle treten, dabei mit den Armen nach oben oder nach vorne greifen, abwechselnd Zehenspitzen und Fersen aufsetzen oder gegen den Widerstand eines Therabands Arme und Beine strecken.

„Ziel ist es, Körperwahrnehmung und Gleichgewicht zu verbessern – und die alten Menschen dadurch in die Lage zu versetzen, ihre Kräfte besser einzuschätzen und Stürze zu vermeiden“, erklärt Pflegedienstleiterin Karin Lipps, die das Projekt ins Rollen gebracht hat. Den Ausschlag hatte ein Zeitungsartikel gegeben: Als Karin Lipps von einem Reha-Sport-Angebot in einem Bottroper Heim las, reifte in ihr der Gedanke, so etwas auch in Wattenscheid auf die Beine zu stellen.

Eine Mitstreiterin fand die Pflegedienstleiterin in Ina Kania vom gleichnamigen Institut für Krankengymnastik und Ergotherapie. „Die Sturzprophylaxe ist eines der großen Ziele im Reha-Sport bei Senioren“, erklärt die Physiotherapeutin, „denn bestimmte Faktoren wie Augen, Koordination und Kraft lassen im Alter massiv nach.“ Hinzu kämen Gangunsicherheiten bei bestimmten Erkrankungen oder durch ein künstliches Knie- oder Hüftgelenk. „Durch all diese Faktoren kann bei älteren Menschen oft schon das kleinste Hindernis zu einem Sturz führen“, weiß Ina Kania. „Und die Angst vor einem Sturz ist bei den meisten Senioren auch vorhanden – vor allem, wenn sie schon einmal gefallen sind.“

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Da Reha-Sport eine Krankenkassenleistung ist, die vom Arzt verschrieben werden kann, klapperte Ina Kania die Ärzte der Heimbewohner ab und stellte ihnen das Projekt vor. „Zum größten Teil haben sie sich kooperativ gezeigt, genau so wie die Krankenkassen.“ Seit April findet nun der erste Reha-Sport-Kurs im Altenheim St. Elisabeth von Thüringen statt – und wird von den Bewohnern gut angenommen. „Wir haben bereits eine Warteliste“, freut sich Ina Kania, die bereits eine zweite Gruppe plant. „Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass man beim Reha-Sport etwas in der Gemeinschaft macht, Spaß miteinander hat und sich dabei gegenseitig anspornt.“

Wichtig sei das Training auch fürs Selbstwertgefühl, ergänzt Karin Lipps. „Man überlege sich doch mal, wie verheerend das auf die Psyche wirkt, wenn man gar nichts mehr kann.“ Den Senioren vermittle der Reha-Sport auch das Gefühl: Ich bin noch nicht abgeschrieben. Und so macht es überhaupt nichts, wenn nicht alle Senioren alle Übungen korrekt ausführen. „Es reichen schon kleine Erfolge“, sagt Karin Lipps. „Mitunter ist das Ziel einfach nur, das zu erhalten, was noch da ist.“