Wattenscheid. Pünktlich zum Start des Rosenmontagszuges kam die Sonne hervor und die Temperaturen kletterten sogar leicht über die Null-Grad-Marke. Rund 20.000 Jecken säumten nach Schätzungen der Polizei die Straßen, als sich der Tross nach dem Gänsereiten in Höntrop und Sevinghausen in Gang setzte.
Die Zugbesucher feierten friedlich. „Kaum Vorkommnisse, kein Vergleich zum turbulenten Vorjahr”, resümierte Thorsten Junker vom DRK. Im Rotkreuz-Zelt, diesmal an der Straße Auf dem Esch, landete ein stark alkoholisierter Jugendlicher (17). Der Sevinghauser Gänsereiter Reiner Krause hatte sich beim Sturz vom Pferd verletzt und musste behandelt werden. Auch Udo Lotte, Leiter der Polizeiwache Wattenscheid, sprach von einem ruhigen Verlauf.
Um 15.15 Uhr zog der vereinte Zug aus Höntrop und Sevinghausen schließlich über den Hellweg. Im Tross alte Bekannte, aber auch neue Gesichter: Mit einem eigenen Wagen („Wilde Herde”) nahm nach Jahrzehnte langer Pause der Ländliche Reit- und Fahrverein wieder teil.
Die Gänsereiter gingen auf Nummer sicher und ließen ihre Pferde angesichts der winterlichen Verhältnisse im Stall – einige hielten statt dessen Steckenpferde in den Händen. Besonders ausgelassen die Stimmung auf den Königswagen mit den frisch gekrönten Häuptern.
König in Höntrop
Der Mann schreibt sich selbst in die Clubgeschichte: Guido I. Ortwein, neuer König und bisheriger erster Schriftführer der Höntroper Gänsereiter, legte einen der kürzesten Ritte um die Majestätswürde hin. Nach noch nicht mal einem Dutzend Griffen aller Kandidaten nach dem Gänsehals packte der 46-Jährige erfolgreich zu. In noch nicht mal zehn Minuten war alles vorbei. Da verschlug's sogar dem moderierenden Oberschulte die Stimme – Mikrofon kaputt: „Ihr müsst jetzt mehr Musik machen”, forderte er den Spielmannszug auf.
Das Rund im Südpark war längst nicht so gut besucht wie sonst, die Bahn aber gut präpariert. Der Boden war zuvor durchgefräst und mit Sand vermengt worden. Knapp eine Stunde lang hatten die 15 Reiter, die aufgesattelt hatten, vor dem offiziellen Defilee vorbei an den bisherigen Monarchen Heiner I. (Jung) und Ilona (Kittler) ihre Pferde bewegt. Dass der Schriftführer zum Kreis der Bewerber gehöre, habe sich erst am Abend vor Rosenmontag heraus kristallisiert, war aus Clubkreisen zu erfahren, „selten war die Kandidatenfrage so spät geklärt”, sagte ein Insider. Beim abendlichen Ball in der Stadthalle präsentierte Guido I. dann Ines Hermbusche als neue Regentin.
Wesentlich zäher als das „Königsgeflügel” hatte sich zuvor die Schaugans erwiesen, die sich erst nach gut einer halben Stunde Peter Weimann „ergab”.
König in Sevinghausen
Mit Pferdestärken und Pünktlichkeit kennt sich der neue Regent Sevinghausens aus. Denn Peter Peters ist Kfz-Experte und steuert Busse. Das war beim Ritt auf die Königsgans von Vorteil.
Nach 2003 besteigt der 61-Jährige ein zweites Mal den Thron im Königreich am Hellweg. Exakt fünf Minuten vor Beginn des Rosenmontagszuges entschied er nach einem Pferdewechsel das Ringen um den Hals des Federviehs. Die Schaugans hatte zuvor Sven Sellenmerten erobert.
Zu seiner Königin wählte Peter (II.) eine Petra, nämlich Petra Krokowski, die, wie er, von „blauem” Blut ist. Denn die 48-jährige Unternehmerin hat sich bereits als Hamsterkönigin ihre karnevalistischen Sporen verdient.
Programmiert scheint bei der Adjutanten-Proklamation in Sevinghausen der Sohn des neuen Gänsereiterkönigs. Sascha Peters (19) ist der Vorgänger seines Vaters, womit die Regentschaft quasi in der Familie blieb, allerdings – verkehrte Welt des Karnevals – diesmal von jüngeren in ältere Hände wechselte.
Rund 400 Schaulustige verfolgten das Geschehen auf der schneebedeckten Reitbahn am Hellweg. Nur acht Reiter, die als sattelfest gelten, stellten sich dem Wettbewerb, und nur fünf hielten bis zum Ende durch. Clubvorsitzender Werner Eickenberg hatte die Parole ausgegeben: „Keiner von uns riskiert hier seinen Hals.”