Wattenscheid. Die Stellungnahme, die Herr Dressler in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Werbegemeinschaft Wattenscheid zum Factory-Outlet bei Steilmann abgibt, kann ich nur als untauglichen Versuch der Volksverdummung werten.

Offenbar kann der angebliche negative Einfluss des Factory-Outlets auf den Wattenscheider Einzelhandel ja so schlimm nicht sein, wenn Herr Dressler erst einen Zeitungsartikel braucht, um aufmerksam zu werden. Der Umzug von Steilmann nach Bergkamen erfolgt auch nicht aus Jux und Dollerei. Die dortigen Gebäude gehörten auch nach dem Unternehmenskauf durch Radici Herrn Klaus Steilmann privat.

Herr Steilmann hat ohne jede Ankündigung die Mietverträge mit einer sechsmonatigen Frist gekündigt und für eine Verlängerung der Mietverträge, statt der bisher vereinbarten 260 000 Euro jährlich, eine Miete von 1,1 Millionen Euro verlangt. Vor diesem Hintergrund hat sich Radici entschlossen, lieber selbst zu bauen.

Politik und Verwaltung haben sensibel und richtig reagiert, indem sie den tatsächlichen Verhältnissen Rechnung getragen haben. Lediglich sechs Prozent der Kundschaft kommen aus dem Bereich Wattenscheid. Die übrigen Kunden reisen zum Beispiel aus dem Sauerland, vom Niederrhein oder aus Holland an. Der Wattenscheider Einzelhandel sollte dies als Chance begreifen, sich entsprechend zu präsentieren und Kunden, die nur und ausschließlich wegen des Factory-Outlets nach Wattenscheid kommen, ein ansprechendes Angebot bieten. Statt dessen macht Dressler eine offensichtliche Milchmädchenrechnung auf, nach der dem Wattenscheider Einzelhandel durch das Outlet ein Schaden entsteht, weil der dortige Umsatz angeblich drei bis vier florierende Boutiquen mit ca. 15 bis 20 Mitarbeitern nähren könnte. Im Outlet werden Restanden und Überproduktion zu stark reduzierten Preisen angeboten. Man wird wohl kaum annehmen können, dass eine überregionale Kundschaft von weit her nach Wattenscheid anreisen wird, um dort Bekleidung zu regulären Boutiquepreisen zu erstehen.

Wenn Herr Dressler erklärt, die Firma Steilmann habe Mitarbeitern Abfindungen von bis zu 80 000 Euro für den Verlust des Arbeitsplatzes geboten, ist dies nur die halbe Wahrheit. In einem arbeitsgerichtlichen Vergleich erhielt ein Manager mit einem Jahresgehalt von 163 000 Euro nach 25 Jahren 80 000 Euro, also weniger als die Hälfte der arbeitsgerichtlichen Regelabfindung von 170 000 Euro.

Dieser anwaltlichen Glanzleistung gilt mein tief empfundener Respekt.